Datum: 18.12.2015

Jahresrückblick 2015: Kräftiger Rückenwind für die Verbraucherbildung

Meldungen und Meinungen des Jahres

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Mehr Konsumthemen in den Klassenzimmern, ein Tweet, der Wellen schlägt und Umfragen, die hohe Zustimmung für die Vermittlung von Alltagskompetenzen in der Schule bezeugen. 2015 war ein gutes Jahr für die Verbraucherbildung. Kräftigen Rückenwind gab es unter anderem aus der Bundespolitik. 

Mit Bundesbildungsministerin Johanna Wanka, Bundesernährungsminister Christian Schmidt und Bundesverbraucherschutzminister Heiko Maas sprachen sich 2015 die drei maßgeblichen Ressortchefs für mehr Verbraucherbildung in den Schulen aus. Bundesminister Schmidt etwa gab gleich zu mehreren Anlässen zu Protokoll, dass er Fragen rund um Konsum und Ernährung gerne in einem eigenen Schulfach unterrichtet sehen will. 

„Ernährungsbildung, Verbraucherbildung – in jedem Fall müssen diese Kompetenzen wieder an den Schulen vermittelt werden und zwar intensiver als bisher,“, erklärte der Politiker dem Online-Magazin „Huffington Post“ im Frühherbst. Auch zum Start der bundesweiten Tage der Schulverpflegung Ende September unterstrich er dies: Nicht nur der Satz des Pythagoras gehöre in den Unterricht, „sondern auch das Einmaleins der Ernährung“.

Verbraucherbildung: Wichtiges Glied der Verbraucherschutz-Kette 

Schmidts Kabinettskollege Heiko Maas will ebenfalls mehr Verbraucherbildung in der Schule. Sie sei schon angesichts der Beschleunigung, die das alltägliche Leben durch die Digitalisierung erfahre, wichtig. Nötig, so der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, sei eine Verbraucherschutz-Kette von mehr Verbraucherbildung bis hin zu einer besseren Rechtsdurchsetzung. Das sagte er Ende November im Zuge eines Debattenforums, zu dem sein Haus eingeladen hatte.

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka hatte sich bereits im Sommer ähnlich geäußert. Gegenüber der Zeitschrift „Bild am Sonntag“ regte sie ein Fach „Alltagswissen“ an, in denen Schülerinnen und Schüler „Dinge lernen, die für ihr praktisches Leben wichtig sind“. Als Beispiele nannte sie das Umschiffen von Fallen in Handyverträgen und grundlegende Kenntnisse in gesunder Ernährung und deren Zubereitung. Beim Kurznachrichtendienst Twitter erhielt Wanka dafür einigen Zuspruch.

140 Zeichen lösen Bildungsdebatte aus 

Den bekam Anfang des Jahres auch die damals 17-jährige Schülerin Naina. Auf Sie twitterte: „Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann eine Gedichtanalyse schreiben. In 4 Sprachen.“ Der Tweet entfachte eine bundesweite Bildungsdebatte. Er wurde von Tausenden geteilt, kommentiert und sogar Bildungsministerin Wanka meldete sich positiv zu Nainas Äußerungen zu Wort.

Zu Wort in Sachen Alltagskompetenzen meldete sich Anfang des Jahres ebenfalls die Kommission zur Wahrnehmung der Belange der Kinder beim Deutschen Bundestag. Die sogenannte Kinderkommission plädierte in einer Stellungnahme dafür, Verbraucherbildung bundesweit zu unterrichten. Den Bundesländern empfahl sie unter anderem, ihre schulischen Rahmenlehrpläne dazu zu nutzen, „das Thema ‚Alltagskompetenz und Verbraucherbildung’ fächerübergreifend und interdisziplinär zu behandeln“ – und zwar „durch geschulte und qualifizierte Kräfte“.

Länder hieven Verbraucherbildung auf Stundenpläne 

Noch ist das nicht überall der Fall. Dennoch: Auch 2015 hievten einige Bundesländer die Verbraucherbildung auf die Stundenpläne. Zuletzt in Berlin und Brandenburg, wo sie ab dem Schuljahr 2017/18 fächerübergreifend unterrichtet werden soll. So wolle man Kinder und Jugendliche „auf sinnvolle und verantwortungsvolle Entscheidungen im Alltagsleben als Verbraucherinnen und Verbraucher“ vorbereiten, heißt es im gemeinsamen Rahmenlehrplan der beiden Bundesländer.

Auch in Nordrhein-Westfalen hat sich etwas getan: Die dortige Landesregierung erprobt seit Beginn des Schuljahres an ausgewählten Modellschulen, wie sich Schülerinnen und Schülern grundlegende Verbraucherkompetenzen vermitteln lassen. Bildungsministerin Sylvia Löhrmann sagte im Interview mit verbraucherbildung.de, ihr Ziel sei es, die Voraussetzung dafür zu schaffen, „dass Verbraucherbildung in allen Schulen von Klasse 1 bis 10 erfolgreich in die Tat umgesetzt wird“.

In Bayern hatte die Landesregierung bereits zum Schuljahresbeginn 2014/15 ein einstündiges Wahlfach „Verbraucherprofi" aufgelegt. An der Pilotphase beteiligten sich laut Landesregierung 20 Realschulklassen der Jahrgangsstufen 7 bis 10. Im Sommer zog Kultusminister Ludwig Spaenle nun eine erste Bilanz. Ihm zufolge kam das neue Angebot gut bei den Jugendlichen an. Es füge sich daneben „harmonisch in die Bestrebungen ein, die Alltagskompetenzen bei jungen Menschen intensiv und nachhaltig zu fördern“, so Spaenle.

Lauter werdende Rufe nach mehr Alltagskompetenzen im Unterricht 

Dass das auch dem Wunsch großer Teile der Öffentlichkeit entspricht, offenbarte 2015 eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes YouGov. Für die gaben im Mai 1.330 Personen Auskunft darüber, welche Wahl- oder Pflichtfächer sie in der Schule wünschenswert fänden. Themen der Verbraucherbildung lagen hier klar vorne: Dass Gesundheitskunde unterrichtet werden sollte, fanden 89 Prozent der Befragten. Kochunterricht erachteten 82 Prozent als sinnvoll, Medienkunde ebenso viele. Mehr ökonomische Bildung wünschten sich sogar 91 Prozent. 

Ähnlich hohe Zustimmung für ein Schulfach „Alltagswissen“ belegte im November eine Online-Umfrage der Tageszeitung DIE WELT. Von den 6.200 Menschen, die sich daran beteiligt hatten, votierten 32 Prozent für die Einführung eines solchen Fachs. Weitere 14 Prozent sprachen sich für ein Fach „Gesunde Ernährung“ aus.

Lebensfreude wecken, kritisches Denken fördern

Kräftigen Rückenwind kam für die schulische Verbraucherbildung 2015 zudem vom Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung. Das hat Mitte März zum vierten Mal die besten Schulbücher der Republik ausgezeichnet. Den Titel „Schulbuch des Jahres“ in der Kategorie Geschichte & Gesellschaft heimste ein Lern- und Arbeitsheft zur Verbraucherbildung ein. 

„Plan L. – Leben bewusst gestalten“ aus dem Braunschweiger Schöningh Schulbuchverlag ist zum Schuljahr 2014/15 neu erschienen, richtet sich an Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe 1 und deckt konsumrelevante Themen für Fächer wie Verbraucherbildung, Haushaltslehre oder Gesundheit und Soziales ab. Das Buch, lobte die Jury, vollbringe „das Kunststück, Lebensfreude zu wecken und gleichzeitig kritisches Denken zu fördern“.