Datum: 10.12.2013

Nachhaltigkeit: Handbuch will Weg vom Wissen zum Handeln ebnen

Grundkurs für Einsteiger und Fortgeschrittene

(c) oekom Verlag

Kann man Nachhaltigkeit lernen? An Informationen, Berichten und Studien zur Zukunftsfähigkeit zumindest mangelt es nicht. Ganz anders sieht es aus, wenn es um die Umsetzung dieses Wissens ins Handeln geht – da tun sich Lücken auf. Der „Grundkurs Nachhaltigkeit“ aus dem oekom-Verlag will die schließen.

Das von Claus-Peter Hutter, Karin Blessing und Rainer Köthe im vergangenen Sommer herausgegebene Buch widmet sich auf knapp 400 Seiten der nachhaltigen Entwicklung, ihren theoretischen Grundlagen und den Folgen, die zu wenig Nachhaltigkeit nach sich zieht. Mit dem Grundkurs wollen sie nach eigener Darstellung „dazu beitragen, Zusammenhänge und Grundkenntnisse, aber auch Begrifflichkeiten zu klären und zu verinnerlichen.“

Das ist über große Teile überzeugend gelungen. Die Autoren –  ausgewiesene Fachleute mit langer Praxis im Wissenschaftsjournalismus, Naturschutz und in der Umweltbildung – schaffen es, in 16 Kapiteln mangelnde Nachhaltigkeit nicht nur als ökologisches Problem darzustellen, sondern ebenso als soziales und wirtschaftliches: Etwa wenn es um die Notwendigkeit geht, Produktionsverfahren oder die Energiegewinnung auf „grünere“ Beine zu stellen.

Entwaldung, Artensterben, Klimawandel, mangelnde Bildung oder Armut und soziale Ungerechtigkeiten – über all das und noch viel mehr informiert der Grundkurs mit viel Sachkenntnis. Dabei ist er immer darum bemüht, die einzelnen Probleme und Herausforderungen nicht-nachhaltiger Entwicklungen faktenreich in einen größeren Zusammenhang zu stellen und deren Ursachen und Folgen auf den Grund zu gehen. Das ist immer gut zu lesen und an vielen Stellen erhellend.

Etwa wenn es um schwindende Ressourcen geht: Dass der Konsum in den reichen Ländern jegliche Nachhaltigkeitsgrenzen lange überschritten hat, wird häufig mit dem „Ökologischen Fußabdruck“ illustriert. So auch im Grundkurs Nachhaltigkeit, der hier indes nicht stehen bleibt, sondern in einem kurzen Abriss auch zeigt, wie es zu diesem Überkonsum kommen konnte und was das für Menschen andernorts bedeutet. Beispielsweise für diejenigen, die auf Kosten ihrer Gesundheit Metalle und andere Rohstoffe abbauen.

Oder beim Thema extreme Armut: Dass die für die Hungernden in Afrika oder Asien schlimm ist, erschließt sich den meisten Menschen schon durch wiederkehrende Katastrophenmeldungen von diesen Kontinenten. Dass Hunger und Armut aber auch Gift für die Umwelt und eine ökologisch nachhaltige Entwicklung sind, dürfte nicht jedem auf Anhieb klar sein. Das Verständnis dafür ändert sich spätestens, wenn geschildert wird, wie aus purer Not in Wildtieren vor allem essbares Fleisch und in Bäumen Brennmaterial gesehen wird.

Wer sich mit Nachhaltigkeit beschäftigen möchte, findet in dem Grundkurs einen durchdachten Rundumschlag. Kaum ein Thema, das Auswirkungen auf die Zukunft der Erde und der Menschen hat, wird ausgelassen. Der „Grundkurs Nachhaltigkeit“ versammelt indes nicht nur Faktenwissen, sondern konzentriert sich ab der zweiten Hälfte auf das, was der Einzelne und vor allem die Politik tun können, um eine lebenswerte Zukunft zu sichern.

Teilweise ist das etwas holzschnittartig, etwa wenn Möglichkeiten effizienterer Bauten oder Haushaltsgeräte vorgestellt werden. Wenn es da heißt, dass sich die Wärmedämmung auch älterer Gebäude auszahlt, weil dadurch die Energiekosten gesenkt werden, ist noch nichts gesagt über die Amortisierungszeit solcher Investitionen, die viele Immobilieneigentümer vor ihnen zurückschrecken lässt.

Mehr Kontroversität wäre hier wünschenswert gewesen. Ebenso ein stärkerer Fokus auf die Möglichkeiten des Einzelnen, der in dem Buch zwar einiges über Instrumente wie den Emissionshandel, die Elektroauto-Strategie der Bundesregierung oder die Energiewende erfährt, dessen eigene Möglichkeiten für mehr Nachhaltigkeit aber nur stichpunktartig abgehandelt werden – was aber wohl dem Umfang des Buches geschuldet ist.

Das ist nicht dramatisch, aber doch bemerkenswert, weil es den Autoren nach eigener Angabe ja darum geht, den Weg vom Wissen zum Handeln zu ebnen. Andererseits verdeutlicht die stichpunktartige Darstellung eben auch die Vielzahl dieser Möglichkeiten – und so manche bedarf auch keiner ausführlichen Erklärung mehr, etwa wenn es ums Stromsparen (Energielampen bevorzugen) geht oder um die Senkung des Rohstoffverbrauchs (Recyclingpapier nutzen).

Unterm Strich ist der Grundkurs eine lesenswerte und gute Hilfe für alle Menschen, die sich in das Thema Nachhaltigkeit einarbeiten möchten. Es bietet einen Parforceritt durch deren ökologische, ökonomische und soziale Aspekte und schafft es, diese in größeren Zusammenhängen zu veranschaulichen. Wer einfach nur ein Nachschlagewerk zum Thema sucht, ist mit dem Grundkurs ebenfalls gut bedient.

Claus-Peter Hutter, Karin Blessing, Rainer Köthe (Hrsg.): Grundkurs Nachhaltigkeit. Handbuch für Einsteiger und Fortgeschrittene. 400 Seiten, oekom verlag München, 2012, 29,95 Euro, ISBN-13: 978-3-86581-301-5.

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