Datum: 25.10.2016

„Wir sollten Lehrkräften bei der digitalen Bildung den Rücken stärken“

Fünf Fragen an … Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands e.V.

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Bieten digitale Medien neue Bildungschancen? Viele Lehrerinnen und Lehrer in Bayern bejahen das, sehen aber noch hohe Hürden auf dem Weg dahin. Welche das sind und wie sie sich nehmen lassen, dazu sprachen wir mit Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands e.V. (BLLV).

1. Frau Fleischmann, Sie haben 1.300 bayerische Lehrkräfte zu digitalen Medien in der Schule befragt. Wo drückt sie der Schuh?

Bei der Ausstattung der Schulen mit Technik, Software und digitalen Unterrichtsmaterialien. An vielen bayerischen Schulen fehlen nach wie vor leistungsstarke Internetzugänge, auch die Betreuung von Software und Technik lässt oft zu wünschen übrig und mobile Endgeräte stehen nur einer Minderheit von Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern zur Verfügung. Diese Mängel sind aber keine bayerische Besonderheit. Bundesweit sieht das ähnlich aus.

2. Die von Ihnen befragten Lehrerinnen und Lehrer beklagen auch einen Mangel an Trainings und Fortbildungen. Wie lässt der sich beheben?

Wir brauchen eine Reform der Lehrerbildung. Angehende Lehrerinnen und Lehrer müssen schon in Studium und Referendariat besser auf digitale Medien im Unterricht vorbereitet werden. Für die vielen Lehrkräfte im Dienst brauchen wir deutlich mehr und bessere Fortbildungsangebote. Und wir müssen endlich die Lehrpläne an die Anforderungen digitalen Lernens anpassen.

3. Wo sehen Sie Lücken?

Wir finden, dass Medienkompetenz eine deutlich größere Rolle in den Lehrplänen spielen muss und sie fächerübergreifend vermittelt werden sollte. Dafür brauchen wir mehr konkrete Tipps und praktische Beispiele, wie das in den jeweiligen Fächern gelingen kann. Und wir brauchen Zeit für die Vermittlung digitaler Kompetenzen. Das heißt, dass wir die fachlichen Anteile in den einzelnen Fächern zugunsten der digitalen Bildung etwas zurückstutzen müssen.

4. Ihr Verband macht sich auch für einheitliche Standards bei digitalen Unterrichtsmaterialien stark. Wie könnten sie aussehen?

Die meisten Lehrkräfte nutzen das Internet zur Unterrichtsvorbereitung und zur Recherche. Die Probleme fangen damit an, dass ihnen nicht immer klar ist, was sie im Unterricht nutzen dürfen, ohne den Datenschutz oder das Urheberrecht zu verletzen. Wir brauchen hier eine Art geprüften Pool an qualitativ hochwertigen Medien und Lernumgebungen, auf die die Lehrerinnen und Lehrer bedenkenlos zurückgreifen können. Einen Pool mit aktuellen Materialien, die an die Lehrpläne anknüpfen, individualisiertes Lernen ermöglichen und Neutralität gewährleisten.

5. Brauchen wir dazu eine staatliche Prüfstelle?

Es bleibt Aufgabe der Lehrkräfte, Material für ihren Unterricht auszuwählen. Das gehört zu ihrem Beruf und das beherrschen sie. Aber wir sollten ihnen angesichts der schieren Masse zugänglicher Materialien die Auswahl erleichtern. Eine staatliche Prüfstelle könnte ihnen hier mehr Sicherheit verschaffen, Wildwuchs vorbeugen und so die Unterrichtsqualität steigern helfen.