Datum: 14.11.2016

„Das Kooperationsverbot verbaut die Chancen digitaler Bildung“

Fünf Fragen an … Wolfgang Pabel, stellvertretender Vorsitzender des Bundeselternrates

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Schulen in Deutschland fehlt Geld, auch für die digitale Bildung. Ist es deswegen sinnvoll, das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in Sachen Bildung aufzuheben? Viele Politiker, Fachleute und Verbände fordern das, auch der Bundeselternrat. Weswegen, erklärt dessen Sprecher Wolfgang Pabel.

1. Herr Pabel, Sie sagen, das Kooperationsverbot sei nicht mehr zeitgemäß. Warum?

Weil es den Bund aus seiner Verantwortung für die Bildung nimmt. Der Föderalismus hat viele gute Seiten. Aber Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Ihre Finanzierung kann nicht nur den Bundesländern und Kommunen übertragen werden. Dass das nicht funktioniert, zeigt sich am riesigen Finanzierungsdefizit in der Bildung. Es summiert sich auf 500 Milliarden Euro.

2. Braucht gute Bildung nur mehr Geld?

Nicht nur. Aber auch. Wir brauchen die nächsten zehn Jahre jeweils 50 Milliarden Euro, damit Schulen und Hochschulen überhaupt zeitgemäß ausgestattet werden können: sowohl mit genügend Lehrkräften als auch modernen technischen Geräten etwa. Das können die Länder und Kommunen niemals alleine stemmen, zumal sie sich großen neuen Herausforderungen gegenüber sehen. Wir brauchen eine gemeinsame Erziehungskultur in Punkto Digitaler Medien.

3. Welche Herausforderungen sehen Sie?

Unter anderem die Integration von Flüchtlingen und die digitale Bildung. Bei der geht es gar nicht nur um die Ausstattung der Schulen mit modernen Geräten. Ebenso wichtig ist, dass Schulen pädagogisch auf die Möglichkeiten, die in der digitalen Bildung liegen, reagieren. Mit ihr können wir Lernen individueller gestalten. Und darin liegen große Chancen für mehr Bildungsgerechtigkeit.

4. Was wäre zu tun?

Wenn Schulen von der Digitalisierung profitieren sollen, brauchen sie Geld für die Ausstattung. Zugleich müssen sie eine neue Perspektive für Unterricht entwickeln. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel: Weg vom Lehrenden als reinen Vermittler von Fachwissen, hin zu Lehrkräften, die sich als Lernbegleiter verstehen, als Methoden-Trainer, die Kindern und Jugendlichen helfen, sich selbst Wissen anzueignen. Unterstützende technische Möglichkeiten gibt es dafür lange schon. Wir brauchen jetzt multiprofessionelle Teams, die sie anwenden.

5. Was braucht es dazu? Bessere Ausbildungen und mehr Fortbildungen?

Die sind wichtig, aber auch nicht alles. Letztlich brauchen wir ein neues Selbstverständnis von Schule, von Lehrerinnen und Lehrern. Sie müssen darauf reagieren, dass alles Wissen heute immer überall verfügbar ist und sie als bloßer Vermittler von Informationen zunehmend überflüssig werden. Nötig sind also neue Ausbildungskonzepte und in sie müssen wir massiv investieren. Das Ende des Kooperationsverbotes kann da nur ein erster Schritt sein. Wir müssen grundsätzlicher überlegen, wie wir die Kosten für das Bildungssystem künftig gerechter zwischen Bund, Ländern und Kommunen aufteilen.