Datum: 29.04.2013

Einflussnahme von Unternehmen auf Schüler nimmt zu

Diskussionspapier von LobbyControl

(c) pixabay.com CC0 Public Domain

Immer mehr Unternehmen drängen mit Unterrichtsmaterialien, Expertenbesuchen oder Schulprojekten an die Schulen, um dort gezielt Einfluss auf die Unterrichtsinhalte zu nehmen und den Klassenraum nutzen, um Ihre Meinung an die Schülerinnen und Schüler zu bringen. Das belegt das Diskussionspapier „Lobbyismus an Schulen“, das am 30.04.2013 von der Initiative für Transparenz und Demokratie „LobbyControl“ herausgegeben wurde.

Dabei geht es vornehmlich nicht um plakative Werbung. Die Unternehmen versuchen vielmehr Weltanschauungen in den Köpfen der Schülerinnen und Schülern zu verankern. Mittel- bis langfristig soll das dann den eigenen Unternehmensinteressen in die Hände spielen, indem die Akzeptanz bestimmter Denkweisen erhöht wird.

Industrie- und Wirtschaftsverbände machen Meinung

Ein Beispiel dafür bietet die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM), eine Lobbyorganisation der Metall- und Elektroindustrie. In ihren Unterrichtsmaterialien versucht sie die „soziale Gerechtigkeit als Utopie“ (S. 6 der Studie) darzustellen und plädiert dafür, das Bildungswesen stärker an den Bedürfnissen von Unternehmen auszurichten (S. 5). Auch der Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung gibt als Ziel für seine Schul-Kooperation an, eine „Verbesserung der Reputation der Branche“ (S.6) erreichen zu wollen. Dass diese Strategien erfolgreich sind, lehrt uns schon die Werbeindustrie. Ob Markennamen oder Weltanschauungen: Meinungen und positive Assoziationen, die im Kindes- und Jugendalter erworben wurden, haben eine lange Lebenszeit.

Schulen sind für Lobbyisten also in mehrerlei Hinsicht ein lohnender Ort, um Interessen zu platzieren: Kinder und Jugendliche nehmen noch vergleichsweise ungefiltert Informationen auf und machen sich Meinungen zu eigen, wenn sie in der Schule gelernt werden. Sie sind in der Regel noch nicht sehr geübt im Umgang mit Meinungsmache und entsprechend unkritisch. Wenn die Lehrkräfte die Themen dann auch noch fachfremd unterrichten müssen, fehlt auch ihnen das nötige Wissen, um die einseitigen Darstellungen kritisch zu reflektieren.

Lobbycontrol fordert darum, dass Lehrkräfte entsprechend aus- und fortgebildet werden müssen.

Die Politik ist gefragt

Der staatliche Bildungsauftrag darf nicht von privatwirtschaftlichen Interessen aufgeweicht werden. Dazu bedarf es eines breiten, gesellschaftlichen Diskurses, den nicht nur die (Bildung-)Politik, sondern auch die Schüler-, Eltern- und Lehrerschaft führen.

Außerdem hat Lobbycontrol einen offenen Brief an die Bildungsminister der Bundesländer formuliert, in welchem sie Regelungen fordert, damit die Finanzierung externer Lehrmaterialien offengelegt werden muss, dass das Werbeverbot an Schulen konsequent eingehalten wird und dass eine entsprechende Monitoringstelle einzurichten ist, in der Lehrkräfte, SchülerInnen und LehrerInnen auffälliges Material prüfen lassen können.

Der Materialkompass Verbraucherbildung ist ein erster Schritt in diese Richtung. Hier lässt der Verbraucherzentrale Bundesverband Unterrichtsmaterialien verschiedener Herausgeber auf ihre fachliche und didaktische Qualität von einem Team von Bildungsexperten prüfen.

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