Datum: 26.06.2012

Heute gekauft, morgen kaputt – steckt dahinter System?

„Geplante Obsoleszenz“

(c) unsplash.com CC0

Die Kaffeemaschine, die zwei Tage nach Ende der Herstellergarantie ihren Dienst quittiert. Der Drucker, der nach einigen Hundert Seiten nicht mehr druckt. Haben die Hersteller solcher Produkte ein Qualitätsproblem? Oder wollen sie so ihren Umsatz ankurbeln? Die Diskussion darüber gewinnt langsam Fahrt und gehört auch in den Unterricht.

„Geplante Obsoleszenz“ oder „geplanter Verfall“ heißt der Fachbegriff zu diesem Phänomen: Dem Umstand, dass viele Geräte und Produkte schnell ihren Geist aufgeben und nicht mehr – wie es früher gewesen sein soll – ein Leben lang halten, oder zumindest eine angemessene Zeit. Jeder kennt Beispiele dafür. Im Internet reiht sich ein Erfahrungsbericht frustrierter Käufer an den nächsten.

Die Vermutung, die immer mitschwingt: Da steckt System hinter. Die Hersteller bauten ihre Waren so, dass sie künstlich altern, dass bestimmte Teile, die für das Funktionieren des Ganzen wichtig sind, nach einer (zu) kurzen Zeit kaputt gehen – um dem Verbraucher so schneller ein neues Produkt verkaufen zu können. Die Website www.murks-nein-danke.de versammelt zahlreiche solcher Berichte.

Dass Alltagsprodukte auf Verschleiß gebaut werden, um den Umsatz anzukurbeln – beweisen lässt sich das nicht. Studien zum Thema gibt es noch nicht. Und die Industrie weist diese Vorwürfe strikt zurück, durchaus stichhaltig. Michael Kaminski Nissen etwa, Umweltbeauftragter beim IT-Konzern Hewlett Packard (HP), sagt, sein Arbeitgeber lehne eine solche Geschäftspolitik grundsätzlich ab. Sie sei unethisch – und betriebsorganisatorisch sinnlos: Produziere man auf Verschleiß, würden die hohen Rücklaufquoten der Geräte den Servicebereich des Konzerns fluten und mattsetzen.

Kaufen für die Müllhalde?

Diesen Standpunkt vertrat Kaminski-Nissen Anfang Juni während einer Podiumsdiskussion, zu der der Verbraucherzentrale Bundesverband vzbv und die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen Anfang Juni im Zuge der „Woche der Umwelt“ nach Berlin eingeladen hatten. Mit ihm diskutierte unter anderem die Filmemacherin und Autorin Cosima Dannoritzer, die für den Fernsehsender Arte die viel beachtete Dokumentation „Kaufen für die Müllhalde“ produziert hat.

In dem Film werden zahlreiche Beispiele für Produkte mit kurzer Lebenszeit aufgeführt – und die Folgen, die sie zeitigen, bis hin zu den Elektroschrottbergen in afrikanischen Ländern, auf denen viele ausgediente Waren der Industrieländer landen. Dannoritzer sagt, Vieles würde heute so gebaut, dass es nicht lange halte. Und das sei nicht Geschäftspolitik von ein, zwei Firmen, sondern lange schon Teil der Konsumgesellschaft.

Die Filmemacherin unterscheidet zwei Aspekte des Phänomens: Einmal gäbe es die von Unternehmen geplante Obsoleszenz, die schlicht kriminell sei. Daneben gäbe es aber auch eine psychologische Komponente. Und die stecke in den Köpfen der Konsumenten fest, befeuert von der Politik: „Gerade seit der Wirtschaftskrise sollen wir alle mehr konsumieren, um die Wirtschaft zu stützen.“ Gleichzeitig werde vieles immer kurzlebiger, als schnell ersetzbar gewertet – vom T-Shirt über Elektroprodukte bis hin zu Lebensmitteln, die in großen Mengen vom Supermarkt direkt in der Mülltonne landeten.

Verbraucherschützer für längere Gewährleistungsfristen

Die Frage bleibt, was dagegen getan werden kann. Ein Gesetz erlassen, das das frühzeitige Hinscheiden von Produkten verbietet? Das sei kaum aussichtsreich, sagt Klaus Müller, Chef der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Allerdings könne die Politik die bisher geltende zweijährige Gewährleistungsfrist für Produkte ausweiten. Müller glaubt, dass die Produzenten dadurch mehr Anreize hätten, sich größere Mühe mit ihren Waren zu geben. Die Produkte würden dadurch zwar vermutlich teurer – müssten aber seltener ersetzt werden und hätten einen höheren Wiederverkaufswert.

Hyewon Seo, Nachhaltigkeitsexpertin vom Verbraucherzentrale Bundesverband sagt,  sinnvoll sei auch, neue Vertriebsideen wie „Mieten statt kaufen“ weiterzuentwickeln. Der Hersteller würde dem Kunden ein Produkt, eine Waschmaschine zum Beispiel, dann für einen bestimmten Zeitraum vermieten und es nach Ablauf des Mietvertrags gegebenenfalls gegen ein aktuelleres austauschen.  

Verbraucher, sagt Seo, seien keinesfalls machtlos. Sie könnten bei jedem Kauf Einfluss darauf nehmen, welche Produkte angeboten werden. Ihr bewusstes Nachdenken darüber, ob ein Produkt tatsächlich gebraucht wird und welche Kriterien es erfüllen sollte, führe mittel- bis langfristig zu Veränderungen der Anbieter. Wird mehr auf Qualität, Haltbarkeit, aber auch Serviceleistungen zu dem Produkt geachtet, müssen die Hersteller ihre Angebote über kurz oder lang daraufhin ausrichten.

Geplante Obsoleszenz als Thema für den Unterricht

Dass auch Kinder und Jugendliche frühzeitig lernen, auf Qualität und Haltbarkeit, Serviceleistungen und Nachhaltigkeit von Produkten zu achten sowie ein bewusstes Nachdenken beim Konsumieren entwickeln, ist Anliegen der Verbraucherbildung. Der Materialkompass hält viele Materialien zum bewussten Konsum, Nachhaltigkeit, Gewährleistung, Verbraucherrechten und bewussten Umgang mit Lebensmitteln bereit. Weiterführende Hintergrundinformationen zu einzelnen Themen der Verbraucherbildung finden Lehrkräfte unter den Verbraucherthemen. Eine kleine Auswahl finden Sie hier unter den angegebenen Links der weiterführenden Informationen. 

Der Film zum Thema

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