Datum: 11.10.2016

„Verbraucherbildung hilft Flüchtlingen bei der Integration“

Fünf Fragen an … Heike Klees vom Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

(c) Kindergarten - pixabay.com - CC0 Public Domain

Ein Konto eröffnen, einkaufen, telefonieren, Versicherungen abschließen .... In Deutschland angekommen, werden Flüchtlinge schnell zu Verbraucherinnen und Verbrauchern. Ein neues Projekt des Verbraucherzentrale Bundesverbands hilft ihnen, sich im Konsumalltag zurechtzufinden. Wie, erklärt Projektkoordinatorin Heike Klees.

1. Frau Klees, Sie wollen Flüchtlinge durch den Konsumdschungel lotsen. Wo sehen Sie Beratungsbedarf?

In ziemlich allen Konsumfeldern. Schließlich haben Flüchtlinge dieselben Bedürfnisse wie Einheimische, aber zugleich schlechtere Voraussetzungen, den Konsumalltag hier zu meistern. Mangelnde Sprachkenntnisse sind eine Barriere. Viele Geflüchtete kommen zudem aus anderen Wirtschafts- und Rechtssystemen und bringen zum Teil Konsumgewohnheiten mit, die hier unüblich sind. Das macht sie zu verletzlichen Verbraucherinnen und Verbrauchern.

2. Welchen konkreten Problemen begegnen sie?

Aus den Verbraucherzentralen wissen wir zum Beispiel, dass vielen Flüchtlingen überteuerte Handyverträge angedreht werden. Oder nehmen Sie die Strom- oder Gasversorgung: Wer neu hier im Land ankommt, weiß meist nichts von der Möglichkeit zum Anbieterwechsel und bleibt oft in teureren Tarifen stecken. Vielen fehlen auch Erfahrungen mit energie- und kostensparendem Heizen.

3. Wie wollen Sie über solche Fallstricke aufklären?

Über YouTube-Videos. Wir werden sie gemeinsam mit Menschen produzieren, die aus dem Kulturkreis der Flüchtlinge stammen und schon eine gewisse Prominenz auf YouTube haben. So erreichen wir eine möglichst große Gruppe und halten gleichzeitig die Schwelle für den Einstieg in unser Angebot klein. Zehn Videos sind für den Anfang geplant, auf Deutsch, Englisch und Arabisch.  

4. Worum geht es thematisch?

Ein Schwerpunkt sind Vertragsfragen, etwa beim Handy, im Internet oder im Fitnessstudio. Außerdem geht es ums Einkaufen im Supermarkt. Eine frühzeitige Hilfestellung ist hier besonders wichtig, damit die Menschen gemäß ihren traditionellen oder religiösen Ernährungsweisen einkaufen können. Wir werden auch zeigen, wie sie ein Bankkonto in Deutschland eröffnen können.

5. Ist Verbraucherbildung ein wichtiges Integrationsinstrument?

Das denken wir. Unsere Videos werden zum besseren Verständnis des deutschen Rechtssystems und der hiesigen Konsumkultur beitragen. Wer sich die Clips anschaut, weiß hinterher zum Beispiel um die Aufgaben der Verbraucherzentralen und wendet sich vielleicht an diese, bevor irgendetwas schief läuft. Die Filme eignen sich auch gut für den Unterricht in Willkommensklassen. Die Konsumkultur und -gewohnheiten in Deutschland zu verstehen ist ein wichtiger Meilenstein im Sinne der Integration. Schon deswegen sollten Verbraucherthemen von Anfang an Pflichtstoff in allen Willkommensklassen werden.