Datum: 10.08.2015

„Klimabildung muss zur Änderung von Strukturen ermutigen“

Fünf Fragen an… Stefan Rostock, Fachmann für Klimabildung bei Germanwatch

(c) jaymantri.com - CC0

Der Klimaschutz und die Energiewende – vielen Jugendlichen sind sie wichtig. Was sie in Sachen „Klimabildung“ in der Schule mitkriegen und wo noch nachgelegt werden kann, weiß Stefan Rostock, Bildungsexperte der Nord-Süd-Organisation Germanwatch. Fünf Fragen an ihn.

1. Herr Rostock, was kann Schule in Sachen Klimabildung leisten?

Schule kann den Klimawandel zunächst erklären, ihn fächerübergreifend in den lokalen und globalen naturwissenschaftlichen und gesellschaftlichen Kontext stellen. Das schafft eine Wissensbasis, lenkt den Blick auf die Betroffenen und ermöglicht erste persönliche Bezüge. Schule sollte daneben auch Offenheit schaffen: gegenüber Lebensstilfragen, Wirtschaftsformen oder Wachstumsfragen, die allesamt eng mit der Erderwärmung zusammenhängen.

2. Passiert das auch? Welchen Stellenwert hat das Thema in der Schule?

In der Grundschule etabliert sich die Klimabildung gerade, über den Themenbereich Wetter und Klima und dessen Bezüge zum Klimawandel, ebenso in den weiterführenden Schulen. Wir beobachten, dass sich Lehrkräfte mit Engagement dafür stark machen, diese Zusammenhänge und Lösungsansätze zu erarbeiten – und unsere Lebensstile, den Klimawandel und Ressourcenhunger mit der Lage der Hauptbetroffenen in den Ländern des Südens zusammen in den Blick zu nehmen.

3. Wo sehen Sie Lücken – und wie ließen sie sich schließen? 

Klimabildung darf nicht bei der Wissensvermittlung und beim privaten Handeln stehen bleiben. Will sie gesellschaftlich etwas ändern, muss sie für neue Strukturen eintreten. Sie braucht Jugendliche, die sich in ihrem Aktionsradius engagieren: für klimafreundliche Angebote im Schulkiosk, für CO2-ärmere Klassenfahrten oder politisch im Stadt- oder Gemeinderat, um da auf den Radwegeausbau, Parkplatzrückbau oder ähnliches zu drängen. 

4. Sind die Lehrkräfte fit genug, um so komplexe Themen zu behandeln? 

Klimabildung ist im Schulunterricht in den letzten Jahren sichtbarer geworden, auch Bildungsmaterialien gibt es viele. Wir von Germanwatch bieten zum Beispiel unsere Klimaexpedition, mit der wir in die Schulen kommen, um dort auf die Folgen der Erderwärmung aufmerksam zu machen – durch den Vergleich von Live-Satellitenbildern mit archivierten Aufnahmen. Wir geben den Schülerinnen und Schülern auch Tipps, was sie selbst anpacken und wo sie sich engagieren können. 

5. Was wünschen Sie sich mit Blick auf eine angemessene Klimabildung? 

Ich finde es besorgniserregend, dass das Thema Migration bei uns oft ohne deren Ursachen behandelt wird. Die Auswirkungen des Klimawandels – und damit auch die Folgen unseres Lebensstils – spielen eine gewichtige Rolle als Ursache von Flucht. Schule sollte hier sehr viel stärker die geläufigen Abschottungsreaktionen thematisieren und für mehr globale Solidarität werben.  

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