Datum: 07.11.2016

„Lehrkräfte sollten das Medien-Know-how von Jugendlichen nutzen“

Fünf Fragen an … Ingrid Bounin vom Landesmedienzentrum Baden-Württemberg (LMZ)

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Medienproduktion, Medienschutz und Medienanalyse: In Baden-Württemberg lernen 12- bis 16-Jährige darüber auch von Gleichaltrigen. Mit SMEP, dem Schüler-Medienmentoren-Programm des Landes, das gerade sein zehnjähriges Bestehen feiert. Was es seit 2006 in Sachen Medienbildung erreicht hat und wie Schule von dem Programm profitiert, fragen wir Ingrid Bounin vom Landesmedienzentrum Baden-Württemberg.

1. Frau Bounin, zehn Jahre SMEP – was hat sich in dieser Zeit geändert? 

Zum einem die Nachfrage der Schulen, die deutlich gestiegen ist. Schulen haben heute ein viel größeres Bewusstsein für die Notwendigkeit der Vermittlung von Medienkompetenz und einen viel größeren Willen, die Schülerinnen und Schüler aktiv einzubeziehen. Zum anderen haben sich die Inhalte und Medien geändert.

2. Inwiefern? 

Anfangs haben wir noch intensiv mit Audio- oder Videogeräten gearbeitet. Heute sind es vor allem digitale Medien. Dadurch sind auch andere Fragen in den Fokus gerückt: der Datenschutz im Netz zum Beispiel oder der Jugendmedienschutz, für den wir seit einiger Zeit eigens einen SMEP-Kurs im Programm haben.

3. Könnten die Schulen nicht ebenso schnell auf Veränderungen reagieren wie Ihre Schüler-Medien-Mentoren? 

Ausgeschlossen ist das nicht. Der neue Bildungsplan in Baden-Württemberg etwa gibt zur Medienbildung Oberthemen wie „Soziale Netzwerke“ vor. Damit können Lehrerinnen und Lehrer ihre Unterrichtsinhalte leichter an neue Trends, Apps oder Dienste anpassen. Das verlangt aber ein großes Engagement. Als weiteres Nadelöhr kommt die technische Ausstattung der Schulen hinzu, die bundesweit leider noch häufig zu wünschen übrig lässt.

4. Können Ihre Mentoren die Unterrichtsqualität steigern helfen? 

Auf jeden Fall. Sie sind schon an vielen Schulen in den Unterricht eingebunden und helfen, ihn aktuell zu halten. Lehrerinnen und Lehrer nehmen dann eher eine Moderatorenrolle ein und organisieren die Lernprozesse gemeinsam mit den Jugendlichen. Nach meiner Beobachtung sehen auch relativ viele Lehrkräfte klar den Nutzen, den dieser Rollenwechsel haben kann: Dass unsere Mentoren manche App oder Technik eben schlicht besser als sie selbst erklären können, da die Jugendlichen einfach tiefer in technischen Themen stecken.

5. Werden Lehrerinnen und Lehrer dann noch gebraucht?

Selbstverständlich. Viele Jugendliche haben zwar mittlerweile eine sehr starke Handhabungskompetenz was Internet, Smartphone und Co. angeht. Was ihnen oft noch fehlt, ist die Bewertungskompetenz, eine kritische Distanz zu diesen Medien. Das ist etwas, was ihnen Schule vermitteln muss. Und da gab es in den vergangenen Jahren immense Fortschritte. Jugendliche gehen heute längst nicht mehr so arglos mit ihren Daten um wie noch vor ein paar Jahren. Das ist ganz klar auch ein Verdienst der Schulen und ihrer Bemühungen zur Vermittlung von Medienkompetenz.