Datum: 01.08.2016

„Medienfasten hilft den Blick für Wesentliches zu schärfen“

Fünf Fragen an … Kristin Langer, Mediencoach bei der Initiative „schau-hin.info“

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Quelle: (c) natureaddict - pixabay (CC0)

Eine Woche oder länger ohne Smartphone oder Internet? Für viele Jugendliche dürfte das eine Horrorvorstellung sein. Warum sie im Nachhinein medienfreien Tagen oder dem „Handyfasten“ dennoch etwas abgewinnen können, weiß Kristin Langer, Mediencoach bei der Initiative „schau-hin.info“. Fünf Fragen an sie.

1. Frau Langer, „Handyfasten“ oder medienfreie Tage – was kann man sich darunter vorstellen? 

Mediengeräte bewusst zur Seite zu legen. Das Smartphone, den Fernseher oder die Spielekonsole freiwillig nicht zu nutzen und das über ein Wochenende, eine ganze Woche oder sogar einen Monat. Also einen festen Zeitraum abzustecken, ähnlich der Fastenzeit, die sich ja auch über Wochen erstreckt.

2. Welchen Nutzen sehen Sie in solchen Auszeiten?

Sie machen deutlich, wie sehr Medien unser Leben mitbestimmen, im Beruf, in der Schule, im Alltag. Wer sich davon eine Zeit lang frei macht, weiß den Nutzen dieser Medien erstens wieder mehr zu schätzen. Und erobert zweitens alternative Strategien zur Alltagsbewältigung zurück: Busfahrpläne zu lesen, Leute statt eine App nach dem besten Weg zu fragen, sich insgesamt unabhängiger von digitalen Hilfen durch den Alltag zu bewegen. Das schult soziale Kompetenzen und die Kommunikationsfähigkeit. Und wer nicht mehr ständig aufs Handy schielt, schafft sich zugleich Freiräume für Entspannung oder neue Aktivitäten. 

3. Sehen Jugendliche das auch so?

Ich weiß von vielen Eltern, die bei uns Rat in Medienfragen suchen, dass solche Auszeiten bei Jugendlichen anfangs oft fast eine Weltuntergangsstimmung auslösen. Weil sie fürchten, von ihren Freunden abgeschnitten zu werden. Aber: Wenn sie sich darauf einlassen, freiwillig, merken sie schon, dass der Umgang mit ihren Freunden enger wird, verbindlicher. Dass sie sich auch über tiefere Themen austauschen, mehr von der Familie mitbekommen und Zeit für Neues haben.  

4. Sollte die Schule solche Auszeiten fördern? 

Ich fände das gut, solange sie ein freiwilliges Angebot bleiben. Jugendliche sollten nicht dazu verdonnert werden, und es hilft, wenn sie ihre Erfahrungen in einer Art Medien-Tagebuch dokumentieren. Damit wird ihnen klarer, was sie vermeintlich verpassen und was sie gewinnen. Jugendliche, die nach einer Woche ihr Handy erstmals wieder anschalten und 1000 neue Nachrichten sehen, kommen selbst schnell zu dem Schluss: Da ist viel Belangloses dabei, meine Zeit kann ich sinnvoller nutzen.

5. Welche Rolle spielen die Eltern dabei? Und was ist der Gewinn für sie? 

Wenn Eltern solche Schulprojekte unterstützen und zuhause fortführen, hat das positive Effekte. Sie gewinnen mehr Zeit zum Austausch in der Familie, kommen mit ihren Kindern automatisch ins Gespräch über Mediennutzung und warum die so einen hohen Stellenwert für sie hat. Eltern lernen verstehen. Und: Schule und Eltern teilen sich ja den Erziehungsauftrag. Da bieten solche Projekte eine gute Gelegenheit zur vertieften Kooperation und zum gegenseitigen Austausch. 

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