Datum: 06.06.2017

OECD-Generalsekretär fordert Deutschland zur Teilnahme an Finanz-Pisa auf

PISA-Finanztest 2015 veröffentlicht

(c) stevepb - pixabay - CCo Public Domain

Viele Teenager verstehen laut der neusten Pisa-Studie nur wenig von Geld und Finanzen. Wie die Auswertung des Finanzbildungstests zeigt, sind die meisten 15-Jährigen noch nicht einmal in der Lage, alltägliche Ausgabe-Entscheidungen zu treffen. Deutschland hat sich am PISA „Students´ Financial Literacy“ nicht beteiligt – was die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) kritisierte.

48.000 Schüler aus 15 Ländern im Alter von 15 Jahren hatten an der Pisa-Umfrage zum Finanzwissen teilgenommen. In dem Test ging es etwa um Dokumente wie Rechnungen und Kontoauszüge sowie um Finanzplanung und Steuern. In den zehn teilnehmenden OECD-Ländern kamen im Durchschnitt 22 Prozent der Befragten nicht auf das Mindestlevel, das nach Angaben der Autoren zur Teilnahme an der Gesellschaft notwendig sei.

Rund ein Viertel der teilnehmenden 15-Jährigen könne keine alltäglichen Entscheidungen in diesem Bereich treffen: Zwei von drei Befragten, die ein eigenes Bankkonto besitzen, fehlten die Fähigkeiten, um dieses zu managen oder einen Kontoauszug richtig zu lesen. Nur jeder Zehnte wusste, was die Einkommenssteuer ist und wie sie erhoben wird.

Deutschland bisher nur Beobachter

Schüler aus der Bundesrepublik wurden für die Untersuchung nicht befragt. OECD-Generalsekretär Ángel Gurría hat Deutschland nun dazu aufgerufen, an dem Pisa-Test zur Ermittlung der Schülerkompetenzen in Finanzfragen in Zukunft teilzunehmen. „Die Entwicklung von Finanzkompetenz und -wissen ist entscheidend, weil die Menschen künftig wesentlich früher finanzielle Entscheidungen treffen müssen, die ihre Zukunft beeinflussen“, so Gurría. Immerhin könnten sich in Deutschland 15-Jährige bereits auf eine Ausbildung bewerben.

Auch Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken nannte das Aussetzen Deutschlands gegenüber der „Welt“ bedauerlich: „Gerade in Deutschland wäre ein Impuls für die gesellschaftliche Debatte über eine bessere Wirtschafts- und Finanzbildung von Jugendlichen dringend nötig. Der Bankenverband fordert schon lange mehr ökonomische Bildung an Schulen – auch mit Blick auf die eigene Jugendstudie vor zwei Jahre, laut welcher nur knapp die Hälfte der befragten 14- bis 24-Jährigen angab sich mit Geld- und Finanzdingen auszukennen.

Finanzwissen nicht im Lehrplan

Laut dem Bundesbildungsministerium habe Deutschland unter anderem auf die Teilnahme an der Umfrage verzichtet, da Finanzwissen nicht Teil des Lehrplans sei. Auch wäre die Teilnahme mit einer zusätzlichen Belastung von Schülerinnen und Schülern, aber auch Lehrkräften verbunden gewesen. „Der daraus resultierende zusätzliche finanzielle und organisatorische Aufwand schien für eine nicht im allgemeinen Lehrplan vorhandene und auch im internationalen Vergleich nur gering nachgefragte Option ‚Financial Literacy’ nicht gerechtfertigt“, so ein Sprecher.

Gleichzeitig gibt es auch Kritik an der Pisa-Finanzstudie. Die Wirtschaftswissenschaftler Dr. Michael Schuhen und Susanne Schürkmann vom Zentrum für ökonomische Bildung (ZöBiS) der Universität Siegen bemängeln den Test als wenig aussagekräftig. Laut einer Pressemitteilung der Universität sind sie in einer eigenen Studie zu dem Ergebnis gekommen, dass deutsche Schülerinnen und Schüler nicht pauschal finanzielle Analphabeten seien – lediglich bei den Themen Schulden und Versicherungen sehen die Forscher Nachholbedarf. „Wir bestärken Deutschland darin, nicht an der PISA-Studie teilzunehmen, weil es dabei im Wesentlichen um mathematische Kenntnisse geht“, so Michael Schulen.

Professor Tim Engartner, Sprecher der Gesellschaft für sozioökonomische Bildung und Wissenschaft (GSÖBW) macht auf einen weiteren Aspekt aufmerksam: „Wenn die politische Bildung der Kinder und Jugendlichen erfragt würde, würden viele Fragen ebenfalls nicht sachgerecht beantwortet. Die häufig nur vermeintlich gravierenden Defizite im Feld der finanziellen Bildung schaffen es nur regelmäßiger und prominenter in die Presse.“ So zeige beispielsweise die Studie „Global Financial Literacy“ – die größte weltweite Vergleichsstudie in diesem Bereich – dass Deutschland beim Finanzwissen relativ gut abschneidet.

Festzuhalten bleibt, dass die Pisa-Studie zur Finanzbildung die Fragen nach einer angemessenen ökonomischen Bildung an Schulen erneut in den Fokus rückt.