Datum: 30.07.2014

Transparenz-Kodex für kostenlose Unterrichtsmaterialien vorgelegt

Vorstoß soll Lobbyismus an Schulen sichtbar machen

(c) pexels.com - CC0 Public Domain

Kostenlose Unterrichtsmaterialien aus dem Netz gibt es viele. Doch leider sind sie nicht immer frei von Werbung oder einseitigen Darstellungen. Auch wer sie herausgebracht oder finanziert hat, bleibt oft im Dunkeln. Ein Transparenz-Kodex für kostenlose Unterrichtsmaterialien soll das jetzt ändern.

Vorgelegt wurde der Mitte Juli von der Deutschen Vereinigung für Politische Bildung (DVPB). Der 1965 ins Leben gerufene Fachverband mit über 2.000 Mitgliedern aus Schule, Hochschule und Erwachsenenbildung fordert darin die Kultusminister der Länder auf, eine transparente Kennzeichnung von Unterrichtsmaterialien durchzusetzen. Diese Kennzeichnung soll Klarheit über Geldgeber, Herausgeber und Autoren der Materialien schaffen. 

Der Verband reagiert mit seinem Vorstoß nach eigenen Angaben auf den Umstand, dass Schulen zunehmend mit kostenlosen Unterrichtsmaterialien überschwemmt werden. Anders als offizielle Schulbücher wurden deren Inhalte jedoch nie unabhängig geprüft oder ministeriell zugelassen. Laut DVPB nutzen insbesondere finanzkräftige Wirtschaftsverbände und Konzerne diese Lücke, um „Lernende im Sinne ihrer Weltanschauung und Interessen zu beeinflussen“.

Ob Energiewende, Altersvorsorge oder Geldanlage – viele Anbieter kostenloser Unterrichtsmaterialien scheuen sich demzufolge nicht, gesellschaftlich kontrovers diskutierte Themen nur aus ihrer Sicht darzustellen. Auch Meinungsmache und Kundenakquise könne man in den Materialien finden. Häufig würde zudem verschleiert, wer sie beauftragt und bezahlt hat, so die DVPB. Das erschwerte eine kritische Auseinandersetzung mit den Absichten der Finanziers und Autoren. 

Die Einschätzungen des DVBP zur Qualität und Stoßrichtung vieler kostenloser Unterrichtsmaterialien decken sich unter anderem mit denen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die hatte sich bereits im vergangenen Jahr für eine öffentlich kontrollierte Prüfstelle für private Unterrichtsmaterialien stark gemacht. Laut GEW lehnen die Kultusminister diese bislang ab, meist mit dem Verweis auf den hohen Aufwand und die ausreichende Kompetenz der Lehrkräfte. 

Das Unternehmen Unterrichtsmaterialien mitunter als Werbeplattform nutzen, belegt auch eine Qualitätsanalyse des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) aus dem Januar 2014. Die Verbraucherschützer hatten mehr als 450 Materialien auf den Prüfstand gestellt und insbesondere bei wirtschaftsnahen Publikationen erhebliche Missstände aufgedeckt. Einige der untersuchten Lehrmittel enthielten offene Produkt- und Markenwerbung. In anderen wurden Sachinformationen einseitig, verkürzt oder in einem falschen Kontext dargestellt. 

Der vzbv hatte sich in diesem Zusammenhang dafür ausgesprochen, klare Regeln und Grenzen für die Einflussnahme außerschulischer Partner auf den Schulunterricht zu definieren, diese durchzusetzen und den Blick von Lehrkräften für diese Form des Lobbyismus zu schärfen. Auch das in vielen Bundesländern bereits im Schulgesetz verankerte „Werbeverbot an Schulen“ müsse konsequent umgesetzt werden, um dem Lobbyismus an Schulen Einhalt zu gebieten, so der vzbv.