Datum: 29.06.2016

„Umweltbildung kann Flüchtlinge fit für den Alltag bei uns machen“

Fünf Fragen an … Marion Loewenfeld von der Arbeitsgemeinschaft Natur- und Umweltbildung, Landesverband Bayern e.V.

(c) CC0 Public Domain

Der Landesverband Bayern in der Arbeitsgemeinschaft Natur- und Umweltbildung (ANU) macht mit Umweltbildungsprojekten Flüchtlingen Angebote zur Integration. Den neu in Deutschland Angekommenen soll das helfen, sich hier im Alltag zurechtzufinden. Projektleiterin Marion Loewenfeld erklärt diesen Ansatz im Interview.

1. Frau Loewenfeld, Ihr Verband hat sich der Umweltbildung mit Flüchtlingen verschrieben. Worum geht es in Ihrem Projekt? 

In erster Linie darum, Flüchtlinge über die Umweltbildung hier bei der Integration in den Alltag zu unterstützen. Außerdem wollen wir für unsere Sache werben: Der Öffentlichkeit zeigen, dass Umweltbildung eben auch Integrationsarbeit mit Flüchtlingen heißen kann – und die in der Flüchtlingsarbeit Engagierten in Bayern besser vernetzen. 

2. Wie sieht die Umweltbildung mit Flüchtlingen konkret aus? 

Wir haben zum Beispiel in der Oberpfalz die Umweltstation Waldsassen, die junge Männer aus Syrien in der Gartenarbeit beschäftigt. Die lernen dadurch nicht nur etwas über die hiesige Natur. Sie sitzen nicht untätig in der Unterkunft sondern haben eine sinnvolle Arbeit und können darüber Kontakte zu Deutschen schließen. Das hilft beim Spracherwerb genauso wie bei der Orientierung im Alltag. Im Landkreis Fürstenfeldbruck gibt es ein Angebot für Asylsuchende, das sie an den nachhaltigen Umgang mit Energie, Wasser und Abfall heranführt. 

3. Umweltbildung heißt also auch Alltagskompetenzen vermitteln? 

Absolut. Der gemeinsame Nenner mit der Verbraucherbildung ist die Bildung für nachhaltige Entwicklung, zum nachhaltigen Konsum. Wer neu in Deutschland ankommt, weiß oft nicht, wie unser Mülltrennungssystem oder unsere Heizungen funktionieren. Wenn wir diese Menschen daran heranführen, sie zum Beispiel als Multiplikatoren ausbilden, geben wir ihnen wichtige Kompetenzen für den Alltag in Deutschland mit auf den Weg. Und wer zum Beispiel etwas über den Nutzen erneuerbarer Energien erfährt, nimmt dieses Wissen bei einem abgelehnten Asylbescheid auch mit in die alte Heimat. 

4. Die Integrationsarbeit dient sozusagen als Hebel für global nachhaltigere Lebensstile? 

Genau, und das wirkt auch vor Ort bei uns. Einige Flüchtlingseinrichtungen bieten zum Beispiel Reparaturwerkstätten, in denen gebrauchte Gegenstände wie alte Fahrräder wieder alltagstauglich gemacht werden. Das ist nicht nur im Sinne der Nachhaltigkeit, es stärkt auch das Selbstbewusstsein der Asylsuchenden, sie können selbst tätig werden, trainieren ihre praktischen Fertigkeiten und es kann sogar bei der bei der Jobvermittlung helfen.  

5. Passiert denn Ihrer Einschätzung nach deutschlandweit genug in dieser Richtung? 

Es laufen schon einige Projekte. Wichtig wäre es, diese jetzt zu verstetigen. Die Umweltbildung freut sich über Unterstützung, auch durch die Verbraucherzentralen, wo wir bei der Vermittlung von Alltagskompetenzen und  Bildung für Nachhaltigkeit gemeinsame Kernanliegen haben. Dafür braucht es aber mehr Geld, und darüber muss die Politik entscheiden.