Datum: 20.01.2021

Influencer-Marketing ködert Jugendliche – mit Erfolg

Egal ob Mode, Gaming oder Sport – auf Youtube, Instagram oder Twitch geben Influencer in Dauerschleife Einblick in ihren Alltag und ihre Ansichten. Für die zehn bis 18-Jährigen haben sie längst die Popularität von Musikstars erreicht. Diese Beliebtheit wird von immer mehr Unternehmen genutzt, um eine sonst schwer zu erreichende Zielgruppe anzusprechen: Kinder und Jugendliche.

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Quelle: (c) pixabay - CC0 Public Domain

Als Influencer-Marketing bezeichnet man die Strategie, bei der Firmen auf Personen setzen, die sich online, zum Beispiel beim Videoportal YouTube oder dem Fotodienst Instagram, eine Fangemeinde aufgebaut haben. Sie gelten als Influencer, Meinungsmacher, von deren Reichweite die Unternehmen profitieren wollen. Wichtigstes Hilfsmittel dabei: die Produktplatzierung. Dafür stellen Firmen den Influencern Produkte kostenlos zur Verfügung, die sie ihren Fans präsentieren sollen. Im Gegenzug können sie diese behalten oder werden für ihren Einsatz sogar bezahlt. Das zahlt sich aus. Gerade die jüngere Zielgruppe empfindet Werbung durch Influencer glaubwürdiger als klassische Werbung. Das geht aus einer digitalen Befragung des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) hervor. Lediglich 44,2 Prozent der 16- bis 24-Jährigen halten demnach Influencer-Werbung für nicht glaubwürdiger als klassische Werbung. 

Influencer Marketing zündet

YouTuber, Instagrammer und Streamer machen Eindruck bei deutschen Jugendlichen und beeinflussen deren Kaufentscheidungen. Das bestätigt auch die repräsentative Postbank Jugend-Digitalstudie 2019, für die 1.004 Jugendliche im Alter zwischen 16 und 18 Jahren befragt wurden. Hier gaben 53 Prozent der Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren an, sie hätten in den vergangenen sechs Monaten aufgrund von Influencer-Werbung ein bestimmtes Produkt gekauft. YouTuber stehen dabei in der Gunst der Jugendlichen ganz oben, gefolgt von Instagrammern. 

„Schon aus technischen Gründen fasziniert YouTube sowohl junge Menschen als auch Erwachsene. Man bekommt was man will, wann man will und wo man will“, sagt Journalist und YouTuber Mirko Drotschmann. Als „MrWissen2go“ vermittelt er über das Videoportal Allgemeinwissen zu aktuellen und historischen Themen und begeistert damit fast eine halbe Millionen Menschen. Amelie Duckwitz, Professorin für Medien- und Webwissenschaft an der Technischen Hochschule Köln, verweist auf die Eigenschaften, die soziale Medien grundsätzlich attraktiv machen: „Sie ermöglichen es, schnell und einfach zu kommunizieren, sich selbst zu präsentieren und Feedback zu geben oder zu erhalten.“

Die Influencer selbst, da sind sich Duckwitz und Drotschmann einig, sind bei Kindern und Jugendlichen so beliebt, weil sie sich von einer sehr persönlichen Seite zeigen. „Sie erscheinen als normale Personen, die die große Schwester oder die Freundin der großen Schwester sein könnten“, so Duckwitz. Dazu passt, dass am Anfang der Entwicklung des Influencer-Marketings die heutigen Werbegrößen selbstgekaufte Produkte empfahlen, weil sie mit ihnen zufrieden waren – eben wie ein guter Freund. „Inzwischen ist das soweit professionalisiert, dass es kaum noch Influencer gibt, die nicht von Unternehmen unterstützt werden.“ Von solchen Anfragen berichtet auch Mirko Drotschmann: „Je mehr Reichweite man hat, umso mehr rückt man ins Interesse der Unternehmen.“ Das Geschäftsmodell reizt ihn jedoch nicht: „Ich biete journalistische Inhalte und Bildungsinhalte – das passt einfach nicht zusammen.“

Sorgenkind Kennzeichnungspflicht

Nach eigenen Aussagen werben Influencer nur für Produkte, mit denen sie sich identifizieren können. Trotzdem gilt auch für sie: „Werbung muss als solche leicht erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote angemessen durch optische und akustische Mittel oder räumlich abgesetzt sein.“ So steht es in der Broschüre „Antworten auf Werbefragen in sozialen Medien“, die die Landesmedienanstalten herausgegeben haben. Zu ihren Aufgaben gehören die Kontrolle der Rundfunkmedien, aber auch die der „fernsehähnliche Telemedien“ wie YouTube. Als Journalist hat sich Mirko Drotschmann schon einmal vor einigen Jahren mit Produktplatzierungen in YouTube-Videos auseinandergesetzt. „Damals war das wie im wilden Westen. Gekaufte Beiträge wurden nicht gekennzeichnet, sondern als eigene Meinung dargestellt, auch von großen YouTubern.“ Seitdem habe sich die Lage zwar verbessert, aber es bestehe weiterhin Nachholbedarf.

Professorin Amelie Duckwitz ist sich sicher, dass Kindern und Jugendlichen der Werbecharakter auch unabhängig der Kennzeichnung durchaus bewusst ist. „Sie werden ihr ganzes Leben lang über alle Medien mit Werbung konfrontiert, sie lernen, damit umzugehen.“ Aus Sicht von Mirko Drotschmann brauchen sie dabei jedoch Unterstützung: „Wenn ich Schulen besuche und mit den Schülern diskutiere, dann zeigt sich schon, dass viele Bescheid wissen, aber in Beispielvideos erkennen sie die Produktplatzierung nicht immer.“ Er sei zwar kein Pädagoge, betont Drotschmann, trotzdem könne er sich das Thema gut als Unterrichtsinhalt vorstellen. Ähnlich äußert sich Amelie Duckwitz: Lehrer könnten über mögliche Gefahren der sozialen Medien informieren – aber sachlich. Im Zuge ihres Kinder-Uni-Workshops „Wie werde ich YouTube-Star?“ habe sie die Erfahrung gemacht, wie wirksam es ist, Kinder und ihre Interessen ernst zu nehmen. „Schüler und Lehrer können hier voneinander lernen.“

Hinweis der Redakion: Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Aktualisierung des Beitrags "Zielgruppe 'jung und online': wie Social-Media-Stars ihre Beliebtheit nutzen." vom 21.06.2017. Zitate wurden übernommen.

 

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