Wie vermittelt man Europa so, dass es nicht abstrakt bleibt, sondern Schüler:innen es verstehen? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer politischen Exkursion nach Brüssel, zu der die Vertretung der Europäiche Kommission in Deutschland, bereits zum zweiten Mal Bildungsexpert:innen eingeladen hatte. Unter dem Titel „Reality Check for Education Multipliers“ reisten Lehrkräfte ausgewählter Verbraucherschulen, Vertreter:innen der Kultusministerkonferenz, des Deutschen Bildungsservers sowie Lehrfluencer:innen in die europäische Hauptstadt.
Tag 1: Europa im Gespräch – von KI bis Verbraucherrechte
Den Auftakt machte Stefan Zotti von der Generaldirektion Bildung, Jugend, Sport. Er gab einen Überblick über die Europäische Kommission als politische Exekutive der EU und stellte zwei zentrale Fragen: „Wie reden wir über Europa?“ und „Was macht Europa aus?“.
Diese Fragen begleiteten die Gruppe während der gesamten Exkursion und darüber hinaus. Denn wie kann Europa im Unterricht so dargestellt werden, dass es einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt?
Yannic Blaschke von der Generaldirektion Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien brachte das Thema Künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel. In einer Umfrage diskutierten die Teilnehmenden Chancen und Risiken von KI im Bildungsbereich: von der Gefahr von Fake News bis hin zur Möglichkeit, Arbeitsprozesse zu erleichtern. Sein Vortrag „KI und Desinformation“ zeigte, wie die EU gegen digitale Manipulation vorgeht.
Danach besuchte die Gruppe das Brüsseler Büro des Verbraucherzentrale Bundesverbands. Thomas Bobinger erläuterte, wie Verbraucherinteressen auf EU-Ebene vertreten werden – mit Fokus auf das Digitale-Dienste-Gesetz und das Thema Ökodesign.
Der Tag endete mit einem gemeinsamen Abendessen in der Brüsseler Innenstadt. Bei Moules-frites und belgischem Bier wurden nicht nur Eindrücke ausgetauscht, sondern auch die Leitfragen „Wie reden wir über Europa?“ und „Was macht Europa aus?“ erneut aufgegriffen.
Die Gruppe war sich einig: Europa darf im Unterricht nicht abstrakt bleiben. Ganz wichtig aus Sicht der Teilnehmenden ist es, Europa im Alltag der Schüler:innen sichtbar zu machen – etwa durch Themen wie digitale Verbraucherrechte und Nachhaltigkeit oder den Wegfall der Roaming-Gebühren. Für den Unterricht bedeutet das: Wenn es um EU-Politik geht, sollte er stärker mit konkreten Beispielen angereichert werden, um den Bezug zur Lebenswelt der Schüler:innen herzustellen. Nur so wird Europa greifbar und relevant.
Tag 2: Nachhaltigkeit, Finanzbildung und Klimapolitik
Anne van Nistelrooij von der Generaldirektion Justiz und Verbraucher stellte die Verbraucher- und Nachhaltigkeitspolitik der EU vor. Besonders das Recht auf Reparatur stieß auf großes Interesse – ein Thema, das Verbraucher:innen im Alltag unmittelbar betrifft.
Spannend wurde es auch bei Simona Bularca und John Maguire von der Generaldirektion Finanzstabilität: Sie präsentierten die EU-Strategie für Finanzkompetenz. Hintergrund: Viele Verbraucher:innen sparen derzeit lieber, statt zu investieren – was langfristig problematisch werden kann, weil Vermögensaufbau und Altersvorsorge ins Stocken geraten. Die EU will unter anderem Best Practices aus allen Mitgliedsstaaten bündeln und zugänglich machen. In der Gruppe wurde intensiv diskutiert, wie Finanzbildung in Schulen verankert werden kann.
Den Abschluss bildete Olivia Gippner aus dem Kabinett von Klima-Kommissar Wopke Hoekstra mit einem Vortrag zur EU-Klimapolitik. Sie zeigte, wie die EU den Weg zur Klimaneutralität bis 2050 gestalten will.
Fazit: Europa mit dem Herzen verstehen
Bei der abschließenden Feedbackrunde waren sich die Teilnehmer:innen der Brüssel-Exkursion einig: Europa ist mehr als Institutionen und Gesetzgebungsverfahren. Die EU prägt den Alltag, Verbraucher:innen haben davon schon vielfach profitiert..
Diese Perspektive sollte auch im Unterricht vermittelt werden. Denn nur wer Europa mit dem Herzen versteht, kann seine Bedeutung wirklich erfassen.
Die Brüssel-Exkursion war in mehrfacher Hinsicht ein besonderes und bereicherndes Erlebnis. Durch die fundierten und anschaulichen Vorträge der Referentinnen und Referenten wurde die Arbeit der Europäischen Union unmittelbar erlebbar. Besonders wertvoll war zudem der intensive Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bundesländern, der vielfältige Impulse für unterschiedliche Zugänge zur Verbraucherbildung an Schulen aufgezeigt hat.
Tobias NagelsMercator Berufskolleg
Besonders gut gefallen hat mir hautnah mitzuerleben, dass so viele unterschiedliche Nationen für die gemeinsame Vision "Europa" zusammenarbeiten, vor Ort einen Einblick in die Kommissionsarbeit zu bekommen sowie zu verstehen, wie sich die EU-Kommission und der Verbraucherzentrale Bundesverband ergänzen. Für meine Arbeit an der Schule nehme vor allem reichlich neue Motivation mit, die EU mit ihren Benefits den Schülerinnen und Schülern nahezubringen.
Georg KahmannGymnasium Türkheim
Die Brüssel-Exkursion hat deutlich gemacht, wie weit wir bereits beim Bau eines gemeinsamen Hauses Europa vorangekommen sind. Wir haben Menschen kennengelernt, die sich tagtäglich für die Belange und die Zukunftsfähigkeit der Menschen im geeinten Europa mit Herz und Verstand einsetzen. Diese Haltung nehme ich mit in den Unterricht.
Daniel GlageSchule am Tierpark
Die Brüssel Exkursion hat mir bewusst gemacht, auf welche europäischen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte wir heute stolz sein dürfen. Genau diese müssen wir gemeinsam wahren und unseren Schülerinnen und Schülern aufzeigen, dass der Erhalt nicht selbstverständlich ist.
Daniel Nowotny-PioroUrsulinenschule Fritzlar
Verbraucherbildung an Schulen heißt auch, die Schüler:innen für die EU zu begeistern. Für unseren nächsten Verbraucherschutztag werde ich dieses Thema stärker in den Fokus rücken.
Christina WeiseKarl-Volkmar-Stoy-Schule Jena
Die Teilnahme an der Exkursion zur Europäischen Kommission war eine sehr bereichernde Erfahrung, die mir einen Einblick in die komplexe Arbeit und die aktuellen verbraucherpolitischen Themen der EU ermöglichte. Besonders wertvoll für meine tägliche Arbeit war die Auseinandersetzung mit zentralen Zukunftsfragen wie der Regulierung von Künstlicher Intelligenz und der Bekämpfung von Desinformation, sowie die Themen des Green Deals und des Digitalen Dienste Gesetzes, insbesondere mit Blick darauf, wie die EU ambitionierte Nachhaltigkeits- und Digitalisierungsziele in Einklang mit den Rechten der Verbraucherinnen und Verbraucher bringen möchte.
Ute SchmazinskiMinisterium für Bildung Rheinland-Pfalz