Pflanzenbetonte Ernährung liegt bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Trend. Im Vergleich mit der Gesamtbevölkerung ernähren sich doppelt so viele 15- bis 29-Jährige vegetarisch oder vegan, wie aus dem Fleischatlas 2021 der Heinrich-Böll-Stiftung hervorgeht. Entsprechend des Bedarfs steigt auch die Auswahl an Fleischersatzprodukten im Supermarkt: Deutsche Unternehmen haben laut Statistischem Bundesamt die Produktion im Jahr 2021 im Vergleich zum Jahr 2019 um 62 Prozent erhöht. „Fleischverzicht ist somit ein Thema, das Kindern und Jugendlichen im Alltag begegnet. Es eignet sich daher auch für die Ernährungsbildung, die an die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler anknüpfen sollte“, erklärt Larissa Kessner, Redakteurin für Ernährungsbildung beim Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).
Vegane und vegetarische Ernährung zeichnen sich laut BZfE dadurch aus, dass Menschen ausschließlich oder überwiegend auf pflanzliche Lebensmittel zurückgreifen wie Getreide, Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen. Während Veganer:innen allerdings auf alle tierischen Produkte verzichten – auch Honig und Materialien tierischen Ursprungs wie Leder und Wolle –, meiden Vegetarier:innen lediglich Lebensmittel, die von toten Tieren stammen. Demgegenüber stehen diejenigen, die auf Mischkost setzen und sich alle tierischen und pflanzlichen Lebensmittel schmecken lassen. Die Flexitarier:innen finden sich wiederum zwischen diesen Polen: „Sie legen Wert auf eine ausgewogene Ernährung, genießen Fleisch oder Fisch allerdings nur in Maßen und auch nicht besonders oft“, so schreibt das BZfE.
Damit Schüler:innen die verschiedenen Ernährungsstile möglichst objektiv bewerten können, hat das BZfE in Zusammenarbeit mit Lehrkräften das Unterrichtsmodul „Vege… – was?“ erarbeitet. Es soll Kinder und Jugendliche unterstützen, Ernährungsweisen aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten sowie zu üben, „mit gegensätzlichen Bewertungen umzugehen und Quellen auf Seriosität zu prüfen“. Der Fokus der Lerneinheit liegt dabei auf den gesundheitlichen Auswirkungen von Ernährungsformen und ihren Folgen für die Umwelt. Darüber hinaus könnten Lehrkräfte aber auch auf soziale Aspekte der Lebensmittelproduktion sowie die Tierwohlperspektive eingehen, so Kessner. „Jeder der Schwerpunkte bietet Aspekte für eine Debatte“, weshalb sich das Thema nicht nur für den hauswirtschaftsnahen oder Biologie-Unterricht eigne, sondern ebenfalls für Fächer wie Politik oder Ethik.
Auch wenn sich nicht ein einzelner Ernährungsstil herauskristallisieren lasse, der den anderen überlegen sei, so zeige die aktuelle Studienlage doch, dass pflanzenbetonte Ernährungsformen „gut für Mensch und Umwelt“ seien, erklärt Kessner. Pflanzliche Lebensmittel verursachten nicht nur deutlich weniger Treibhausgasemissionen als tierische Lebensmittel, Fachleute erwarteten „von einem vermehrten Konsum von Vollkornprodukten, Gemüse und Obst, bei einer angemessenen Gesamt-Energiezufuhr“ auch den größten gesundheitlichen Nutzen, wie es die Hintergrundinformationen des Unterrichtsmoduls zusammenfassen.
Trotz dieser Tendenz sei es wichtig, die vielen Facetten des Themas zu berücksichtigen, mahnt Kessner. Nicht alle Ernährungsformen eigneten sich beispielsweise für jede Person gleich gut. „Bei Schülerinnen und Schülern eine solch differenzierte Sichtweise zu erreichen, ist das, was Bildung eigentlich schaffen muss.“ Es gehe nicht darum, den Lernenden einen Ernährungsstil als den einzig wahren vorzugeben, sondern sie anzuleiten, sich verlässlich zu informieren, um begründete Entscheidungen treffen zu können. „So erhalten sie das Werkzeug, um zukünftig auch neu aufkommende Ernährungsformen zu bewerten.“