Kinder sitzen rund 70 Prozent ihrer wachen Zeit. Das ist das erschreckende Ergebnis einer Studie des Instituts für Sport und Sportwissenschaft der Universität Heidelberg. Demnach liegt bei Kindern und Jugendlichen die Sitzzeit wochentags bei rund 10,5 und am Wochenende bei mehr als 7,5 Stunden pro Tag – mit steigender Tendenz in den höheren Klassenstufen. Insgesamt nahmen 4.385 Schüler aus Deutschland, Luxemburg und Österreich an der Studie teil. Die Fragebögen wurden überwiegend an Schulen verteilt und dort ausgefüllt.
Mit dem Schuleintritt steigt das Risiko, dick zu werden
Wie die Studie herausstellt, steigen die Sitzzeiten der Kinder mit der Einschulung deutlich an. Häufig ist dies mit einer Gewichtszunahme gekoppelt, wie die Auswertung der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) des Robert Koch-Instituts ergab. Demnach nahmen die Kinder am stärksten mit durchschnittlich 7,2 Jahren zu. Der Aufruf im Abschlussbericht der KiGGS-Studie lautet daher: Kinder, bewegt euch! Die Plattform Ernährung und Bewegung e.V. (peb) macht als Folgen langer Sitzzeiten außerdem ein erhöhtes Risiko für Stoffwechselerkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie eine verringerte Knochendichte aus.
Der Deutsche Verband für Gesundheitssport und Sporttherapie e. V. (DVGS) fordert, schnell geeignete Programme für das Umfeld Schule und den Schulweg zu entwickeln und umzusetzen. „Bisher wussten wir aber zu wenig darüber, wie lange Kinder und Jugendliche sitzen und bei welchen Gelegenheiten. Erst nachdem das klar ist, können wir passgenaue Interventionen planen", erläutern die beiden Studienautoren Professor Gerhard Huber und Maximilian Köppel die Intention ihrer Forschung.
Sitzende Freizeitaktivitäten überwiegen
Die Forscher haben dazu den „Heidelberger Fragebogen zur Erfassung des Sitzverhaltens von Kindern“ entwickelt. Mit seiner Hilfe erfragten sie, wie viele Stunden und mit welchen Aktivitäten Kinder und Jugendliche im Alter von vier bis 20 Jahren ihre Zeit sitzend verbringen. Von den durchschnittlich 9,7 Stunden ohne körperliche Aktivität fallen laut der Studie wochentags rund 4,8 Stunden auf die Schulstunden. Zu Hause sitzen die Kinder noch einmal rund 1,1 Stunden am Schreibtisch, der Rest ist Freizeit. „An den Wochenenden bewegen sich die Befragten eindeutig mehr, aber die Zeit wird stärker von sitzenden Freizeitaktivitäten ausgefüllt als unter der Woche. Das heißt, sie haben dann mehr Zeit für Computerspiele oder das Fernsehen“, erklärt Professor Huber.
Sein Fazit: Die Schule mitsamt dem Schulweg müsste bei der Entwicklung von Interventionen, die Kinder und Jugendliche in mehr Aktivität führen sollen, unbedingt Berücksichtigung finden. „Es ist höchste Zeit, dass hier entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, wenn wir das Problem von Übergewicht bei Kindern in den Griff bekommen wollen“, so Huber.
Datum: 26.07.2017
Bewegt euch! Schulen helfen gegen den sitzenden Lebensstil bei Kindern
Heidelberger Studie zu Sitzzeiten bei Kindern und Jugendlichen