Datum: 24.05.2016

„Brandenburg braucht viel mehr Lehrkräfte für Verbraucherbildung“

Fünf Fragen an… Dr. Ulf Holzendorf von der Universität Potsdam

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Mit dem neuen Rahmenlehrplan für Berlin und Brandenburg lernen Jugendliche dort in der Sekundarstufe 1 künftig auch etwas zur Verbraucherbildung. Wie sich das in Brandenburg gestaltet, weiß Dr. Ulf Holzendorf von der Universität Potsdam, der das neue Curriculum mitentwickelt hat. Fünf Fragen an ihn.

1. Herr Dr. Holzendorf, Verbraucherbildung in Brandenburg – sieht die anders aus als in Berlin?  

Grundsätzlich nicht. Der Rahmenlehrplan gilt auch bei uns für die Sekundarstufe 1, die Anzahl der Unterrichtsstunden ist ebenfalls gleich. Allerdings fangen wir schon in den Klassen 5/6 mit Wirtschaft-Arbeit-Technik (WAT) an, dem Ankerfach für Verbraucherbildung. Da starten wir also etwas früher als Berlin.  

2. Für Berlin gibt es jetzt einen Orientierungs- und Handlungsrahmen für die Verbraucherbildung, für Brandenburg nicht. Wie kommt das? 

Die Frage stelle ich mir auch. Wir können den Berliner Rahmen selbstverständlich nutzen. Aber verbindlich ist er für Brandenburger Lehrkräfte nicht. Mich wundert das schon sehr. Da hätten die Kolleginnen und Kollegen im brandenburgischen Bildungsministerium wacher sein und dafür sorgen müssen, dass das Dokument für beide Länder gilt. So weit ich weiß, ist auch nicht vorgesehen, einen eigenen Rahmen für Brandenburg zu entwickeln. Halte ich für einen Fehler.

3. Was ist gut gelungen? 

Positiv ist sicherlich, dass die Verbraucherbildung jetzt für alle Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe 1 verpflichtend ist. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass diese Themen auch prüfungsrelevant werden. Das ist leider nicht passiert. Wir sollten daher jetzt schauen, wie wir diese Themen in prüfungsrelevante Fächer wie Mathe einbringen, quasi durch die Hintertür. Das kriegen wir aber nur hin, wenn wir die Lehrerinnen und Lehrer dafür gewinnen. 

4. Was sagen die denn zu der neuen fächerübergreifenden Vermittlung von Konsumkompetenzen?

Viele sind schon skeptisch. Weil sie sich zu Recht fragen, wie sie diese Themen auch noch in ihrem Unterricht unterbringen sollen. Verschärft wird das noch dadurch, dass angehende Lehrkräfte in Brandenburg in ihrem Studium hier kaum mit Verbraucherbildung in Berührung kommen. Die WAT-Studierenden müssen eine einzige verpflichtende Lehrveranstaltung dazu besuchen, das war’s dann. Da bietet Berlin mehr Möglichkeiten, auch mehr Lehrpersonal. 

5. Qualifizierte Lehrkräfte für die Verbraucherbildung fehlen Ihnen? 

Im Moment schließen bei uns jedes Jahr etwa 45 Studierende in WAT ab, qualifizieren sich so für die Verbraucherbildung. Das ist viel zu wenig und führt dazu, dass sie oft von Fachfremden unterrichtet wird. Wir müssten also deutlich mehr Studierende entsprechend ausbilden und sie anschließend motivieren, auch in unserem Land zu unterrichten. Deutlich nachlegen müssen wir auch bei den Fortbildungen schon unterrichtender Lehrkräfte. Anders lässt sich der Anspruch, Verbraucherbildung fächerübergreifend zu vermitteln, kaum umsetzen.