Datum: 02.10.2019

Der Nutri-Score kommt: Gesündere Lebensmittel leichter erkennen

Nährwertkennzeichnung im Unterricht aufgreifen

Nutri-Score-Waage (c) Verbraucherzentrale Hamburg

Es scheint keine leichte Entscheidung für Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) gewesen zu sein. Monatelang wurden Diskussionen um eine erweiterte Kennzeichnung von Nährwerten auf der Vorderseite von Lebensmitteln geführt – ohne Ergebnis. Doch nun hat sich die Ministerin endlich für ein System ausgesprochen: den Nutri-Score. Damit kommt sie dem Wunsch der Verbraucherinnen und Verbraucher nach mehr Transparenz entgegen, wie eine repräsentative Befragung zeigt. Experten mahnen allerdings, dass es nicht bei einer rein freiwilligen Kennzeichnung bleiben sollte.

Welches Müsli ist die gesündere Alternative? Und wie sieht es mit Fertiggerichten, Brotaufstrichen oder Fruchtjoghurt aus? Ein Einkauf kann lange dauern, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher versuchen, aus Nährwerttabellen und kleingedruckten Zutatenlisten schlau zu werden. Deshalb fordern Verbraucherschützer, Wissenschaftler und Gesundheitsexperten schon seit Langem eine vereinfachte Nährwertkennzeichnung mit Ampelfarben auf der Produktvorderseite, die dem Verbraucher beim Einkaufen Orientierung gibt.

Befragung unter Verbraucherinnen und Verbrauchern

„Immer mehr Kinder und Erwachsene in Deutschland sind übergewichtig. Gerade deshalb ist es wichtig, dass Verbraucher mit einem Blick erkennen können, ob es sich um ein ausgewogenes oder weniger ausgewogenes Lebensmittel handelt. Nur dann können sie die richtige Kaufentscheidung treffen“, stellte Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), bereits im Frühjahr klar.

In einer Verbraucherumfrage des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft hatte sich der Nutri-Score gegenüber drei anderen Kennzeichnungsmodellen durchgesetzt. Dieses auf Ampelfarben und Buchstaben basierende Modell hatte laut Klöckner in einer vorausgegangenen Verbraucherbefragung am besten abgeschnitten, da es eine schnelle und leicht verständliche Orientierung ermögliche. Die jeweiligen Mengen von Zucker, Salz, Fetten, Proteinen und Ballaststoffen fließen dabei in die Bewertung ein und kommen zu einem eindeutigen Ergebnis. Die Ziel ist, dass es für viele Menschen in Deutschland dadurch einfacher wird, sich gesünder zu ernähren.

Forderung nach einem europaweiten Label

Das Ganze funktioniert allerdings nur, wenn die Industrie auch mitmacht, denn vorerst handelt es sich nur um eine freiwillige Kennzeichnung und den Lebensmittelherstellern steht es frei, die Kennzeichnung zu verwenden oder auch nicht. Bislang können EU-Mitgliedsstaaten erweiterte Nährwertkennzeichnungssysteme nur auf freiwilliger Basis empfehlen und ihn nicht verpflichtend einführen.

Deshalb sieht der vzbv im Bekenntnis zum Nutri-Score zwar eine gute Nachricht, fordert aber von der Ernährungsministerin, sich jetzt auch auf europäischer Ebene dafür stark zu machen, dass der Nutri-Score so schnell wie möglich EU-weit verpflichtend eingeführt wird. „Ziel muss es sein, ein Wirrwarr verschiedener Kennzeichnungssysteme in der EU zu verhindern“, so vzbv-Vorstand Müller. Denn erst wenn der Nutri-Score auf allen verarbeiteten und verpackten Lebensmitteln zu finden sei, könnten Verbraucher tatsächlich vergleichen – und eine gesündere Entscheidung treffen.

Ernährungsbildung ermöglicht tieferes Verständnis

Zugleich kam von Ernährungsexperten und Medizinern der Hinweis, dass eine Kennzeichnung von Lebensmitteln immer auch mit einer besseren Aufklärung über Ernährung insgesamt einhergehen sollte. Denn ein Label biete eine erste, grobe Orientierungshilfe beim Einkauf – sei aber kein Allheilmittel.

Barbara Bitzer, Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft, forderte beispielsweise gegenüber der Süddeutschen Zeitung im Kampf gegen Übergewicht auch auf eine bessere Ernährungsbildung in Schulen und Kitas zu setzen. Und auch hier sind sich die Experten weitgehend einig: Im Unterricht ließe sich Lebensmittel- und Nährwertkennzeichnung anschaulich thematisieren und darüber diskutieren, welche Kaufauswirkungen sie haben oder welcher unternehmerische Nutzen dahintersteht.