Die Schulküche mitbezahlt vom örtlichen Küchenstudio, das Labor gesponsert vom Pharmariesen aus der Region. Dass Unternehmen Schulen mit Geld- und Sachleistungen zur Seite springen, ist hierzulande Alltag. Für die deutsche Bildungslandschaft bleibt das nicht folgenlos, sagt Dr. Vera Fricke, Referentin für Verbraucherkompetenzen beim Verbraucherzentrale Bundesverband. Fünf Fragen an sie.
1. Frau Dr. Fricke, Sie sagen, Schulsponsoring brauche klare Leitlinien. Aber die gibt es doch schon, oder?
Sogar etliche, zum Beispiel vom Bündnis für Verbraucherbildung. Sie geben Unternehmen, die Schule sponsern wollen, klar vor, alles zu unterlassen, was in Richtung Werbung oder Marketing geht. Auch Personalakquise hat auf dem Schulhof nichts zu suchen. Und die Leitlinien verpflichten etwaige Sponsoren auf die Prinzipien des Beutelsbacher Konsens: das Indoktrinationsverbot, die Förderung der Analysefähigkeit und das Gebot der Kontroversität. Daran haben sie sich in Schulen zu halten.
2. Wo ist dann das Problem?
Das Problem ist die Anwendung der Leitlinien. Schulen können sich an sie halten und machen das in der Regel auch. Aber Leitlinien bieten immer Schlupflöcher. Wer sie weit auslegen will, kann das, ohne Folgen zu fürchten. Und genau das öffnet Einfallstore und die umso weiter, je schlechter Schulen finanziell dastehen. Wer klamm ist, freut sich im Zweifelsfall über jede Unterstützung.
3. Folgen die Schulen den Leitlinien, ist das doch okay…
Auch dann bleiben Probleme, etwa bei der Bildungsgerechtigkeit. Wir haben in Deutschland ärmere und reichere Regionen. Schulen in strukturschwachen Gebieten werden deswegen größere Probleme haben, Sponsoren zum Beispiel für ein neues Sprachlabor aufzutun als Schulen in reicheren Regionen. Und wenn wir uns anschauen, wer überhaupt sponsert, sind das eben meist Unternehmen und keine gemeinnützigen Organisationen.
4. Die haben halt Geld…
Ja, aber das schafft ein zusätzliches Ungleichgewicht. Weil die Welt der Wirtschaft Gelegenheit hat, sich in und mit der Schule zu präsentieren. Finanzschwächere Organisationen aber eben nicht. Schule bildet dann nicht mehr Lebenswirklichkeit ab, sondern nur einen Ausschnitt.
5. Sollte dem Schulsponsoring ein Riegel vorgeschoben werden?
Am besten wäre es, wenn Schulen gar nicht auf Sponsoren angewiesen wären. Wenn wir Sponsoring aber gutheißen, sollten alle Schulen gleich stark profitieren. Möglich wäre das. Unternehmen, die sich für Bildung engagieren möchten, könnten ja in einen zentralen Topf einzahlen, der nach einem Schlüssel unter den Schulen aufgeteilt wird. Das brächte mehr Bildungsgerechtigkeit. Und nähme dem Schulsponsoring den Ruch, der ihm heute manchmal anhaftet.
Datum: 22.02.2016
„Schulsponsoring macht Bildung nicht gerechter“
Fünf Fragen an… Dr. Vera Fricke, Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., vzbv