Influencer posieren vor der Kamera und preisen ausschließlich Produkte aus dem Bereich Beauty, Fashion oder Fitness an? Von wegen! Längst haben die Social-Media-Stars neue Märkte erschlossen – oder wurden vielmehr von diesen rekrutiert. Denn auch Finanzdienstleister und Kreditinstitute setzen vermehrt auf das Marketing bei Instagram und Co.
Influencer-Marketing funktioniert ziemlich simpel: Unternehmen nutzen den Einfluss bekannter Persönlichkeiten in sozialen Netzwerken, um die eigene Marke oder eigene Produkte möglichst positiv und authentisch darzustellen. Kurz: Es ist Werbung in lässige Videos verpackt – und als solche trotz Kennzeichnungspflicht nicht immer sofort erkennbar.
Auch immer mehr Kreditinstitute arbeiten mit Influencern zusammen, um eine jüngere Zielgruppe anzusprechen. Die Finanzjournalistin Barbara Bocks berichtet in einem Artikel von zwei bekannteren Beispielen des letzten Jahres: So hatte die Commerzbank mehrere Videos mit der Komikerin Enissa Amani zu Themen wie Fonds-Sparen veröffentlicht und die Bayern LB startete im Mai eine provokantere Kampagne mit der Autorin und Bloggerin Ronja von Rönne. „In dem Clip ‚Mission Traumjob‘ nimmt sie die Berufswünsche von Kindern aufs Korn. Ziel dabei war es, speziell die Bayern LB als Arbeitgeber beziehungsweise als ‚Traumjob, von dem du als Kind nie geträumt hast‘ bekannt zu machen“, schreibt Bocks zu dem zweiten Beispiel.
Influencer werden als Freunde wahrgenommen
„Ein Finanzdienstleister, der eine junge Zielgruppe ansprechen will, um für eine neue Kreditkarte zu werben, kann auch mit einem Fashion-Influencer werben, solange das Produkt authentisch in das Leben dieses Influencers eingebunden wird“, schreibt Nina Sophie Meiler, die an der Hochschule Fresenius in München ihre Abschlussarbeit das Influencer Marketing in der Versicherungs-, Telekommunikations- und Finanzbranche untersucht hat.
Gleichzeitig macht sich die Finanzbranche zunutze, dass die meisten jungen Menschen sich in Sachen Finanzen vor allem Rat bei Freunden und Familie holen. Influencer – so die Hoffnung – werden als Teil dieses Freundeskreises wahrgenommen, deren Empfehlungen man vertrauen kann. Es sei daher aus Sicht von Unternehmen schon fast Pflicht, Influencer und Internet-Promis in den Marketing-Mix einzubauen, zitiert Barbara Bocks den Geschäftsführer der digitalen Kreativagentur Buddybrand, Lars Stark. Denn ihnen gelänge es, authentische Geschichten zu erzählen und emotionale Bindungen aufzubauen, so Stark. Ein bekanntes Beispiel dafür ist auch die Börse Stuttgart, die mit bekannten Influencern aus dem Finanzbereich zusammenarbeitet, etwa mit Natascha Wegelin alias „Madame Moneypenny“ oder Albert Warnecke alias der „Finanzwesir“.
Thema für den Unterricht: Werbung erkennen lernen
Wie eine repräsentative Verbraucherbefragung des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) Anfang des Jahres ergeben hatte, hat jeder Fünfte schonmal Produkte gekauft, weil sie von Influencern beworben wurden. Bei jungen Erwachsenen war es sogar fast jeder zweite. Und insgesamt 40 Prozent der Befragten gaben an, dass sie Influencer-Werbung nicht störe, sofern sie als solche gekennzeichnet ist (bei den 16- bis 24-Jährigen waren es sogar 56 Prozent). „Die jüngeren Generationen haben weniger Probleme mit Werbung. Sie erkennen darin einen Nutzen für sich“, resümierte der BVDW-Geschäftsführer Marco Junk laut Pressemitteilung.
Diese Zahlen zeigen, dass die Schere beim Alter deutlich auseinander geht – und es umso wichtiger für Kinder und Jugendliche ist, Werbung im Internet auch als solche erkennen zu lernen. Denn dadurch, dass Influencer ein scheinbar privates Verhältnis zu ihren Followern haben, kommt die Werbung auch nicht als Werbung daher, sondern eher wie das Teilen einer Vorliebe eines Freundes für ein bestimmtes Produkt. „Diese Uneindeutigkeit der Werbung aufgrund des Verhältnisses zwischen Influencern und Followern spiegelt sich auch in der Kennzeichnung der Werbung wider: Da Influencer sowohl privat als auch zum Geldverdienen in den sozialen Medien unterwegs sind, vermischen sich Postings, mit denen sie kein Geld verdienen, mit Werbeposts, für die sie Geld von Unternehmen bekommen“, heißt es in der Broschüre „Werbung in sozialen Medien“ der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Es gebe zwar vereinzelte Regeln zur Kennzeichnung, aber die Grenzen zwischen Werbung und Inhalten verschwimmen in den sozialen Medien stark. Im Unterricht können die Unterschiede und Grauzonen gut aufgezeigt und diskutiert werden.