Onlineshopping, Handyspielchen oder Konsum auf Pump – Jugendlichen stehen heute viele Wege offen, ihr Geld loszuwerden. Manche laufen so direkt in die Verschuldung. Was Schule dagegen tun kann und was bei der Vermittlung von Finanzkompetenzen wichtig ist, weiß Schuldnerberater Michael Weinhold vom Institut für Soziale und Kulturelle Arbeit (ISKA) Nürnberg. Fünf Fragen an ihn.
1. Herr Weinhold, sollen Schulen Finanzkompetenzen stärker vermitteln?
Eindeutig ja. Schule muss den verantwortungsvollen Umgang mit Geld lehren – und zwar von Anfang an. Denn Finanzfragen ziehen sich von der Wiege bis zur Bahre. Das geht los bei der Auseinandersetzung mit Bedürfnissen und hört bei der Haushaltsführung und Altersvorsorge noch nicht auf. Ohne entsprechende Kompetenzen ist die Bewältigung des Alltags schlicht nicht möglich.
2. Wie ist es um die finanzielle Allgemeinbildung Jugendlicher bestellt?
Durchmischt. Einige lernen im Elternhaus Grundlegendes. Das ist aber der kleinere Teil. Andere schlittern schon in jungen Jahren in eine Verschuldung rein, weil Finanzkompetenzen fehlen. Es gibt eine Wissenslücke, und die Schule sollte sie füllen. Im Idealfall ab der Primarstufe, wo sie zum Beispiel erklären kann, was es heißt etwas zu Leihen oder zu Verleihen. In höheren Klassen gehört meines Erachtens auch das Aufstellen eines Haushaltsbudgets zum Pflichtprogramm.
3. Dazu gibt es doch auch viele Hilfen im Netz. Reichen die nicht?
Sicher nicht. Erstens muss man um sie wissen und sich aufraffen, sie zu nutzen. Zweitens ist es wichtig, solche Informationen und Hilfsmittel auch bewerten zu können, etwa in Hinsicht auf ihre Glaubwürdigkeit, ihren Gehalt oder ihre Neutralität. Also zu erkennen, ob sie vielleicht ein bestimmtes Interesse verfolgen. Dabei können Eltern Hilfestellung geben, Schuldnerberatungsstellen oder die Verbraucherzentralen – und eben die Schulen, weil sie neutral sind.
4. Neutralität ist das Schlüsselwort?
Zumindest eines der Schlüsselworte. Es gibt ja Initiativen der Banken- oder Versicherungswirtschaft, die sogar mit eigenen Unterrichtsmaterialien in die Schulen gehen. Das muss nicht schlecht sein und ich unterstelle denen auch nicht, dass sie das nur zur Geschäftsanbahnung machen. Kritisch hinterfragen sollte man deren Interesse dennoch. Wenn wir Schuldnerberater in den Unterricht gehen, verfolgen wir auch bestimmte Absichten oder Werte, aber eben keine kommerziellen. Wenn Schulen sich für wirtschaftsnahe Initiativen öffnen, würde ich ihnen raten, auch Institutionen wie die Verbraucherzentralen oder Schuldnerberater mit ins Boot zu holen. Einfach um verschiedene Sichtweisen auf Finanzfragen abzubilden.
5. Sie gehen auch in den Unterricht?
Ja, aber nur sehr eingeschränkt. Es fehlen uns hierfür die finanziellen Mittel. Die Kommunen und Länder zahlen für die Beratung der Schuldner, aber nur eingeschränkt für die Präventionsarbeit. Die Präventionsarbeit müsste von den Kommunen und Ländern stärker unterstützt werden, damit den Schuldnern nicht erst geholfen werden kann, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.
Datum: 22.08.2016
„Finanzfragen sollten von der ersten bis zur letzten Klasse Thema sein“
Fünf Fragen an … den Schuldnerberater Michael Weinhold