2014 war ein gutes Jahr für die Verbraucherbildung. Die Vermittlung des kleinen Konsum-Einmaleins hat auf weiteren Stundenplänen Einzug gehalten. Die politische Unterstützung für die Vermittlung von Alltagskompetenzen stieg. Problematisch blieb indes die Versorgung deutscher Schulen mit geeigneten Unterrichtsmaterialien. Was sonst noch war, zeigt unser Rückblick auf das Jahr.
Das begann im Januar direkt mit einem Weckruf der Bildungsgewerkschaft GEW. Die hatte in einer Studie untersucht, inwieweit Wirtschaftsverbände und Lobbygruppen Einfluss auf schulische Inhalte nehmen und ist dabei auf „ein regelrechtes Netzwerk von Akteurinnen und Interessenvertretern“ gestoßen. Das ströme mit kostenlosen Unterrichtsmaterialien, Fortbildungen für Lehrkräfte und Projekten in die Schulen – um dort für seine Sicht der Dinge zu trommeln.
Das Problem laut GEW: Was dieses Netzwerk in die Schulen trägt, gründet oft auf einseitigen Darstellungen und spart Kontroversen aus. Die Gewerkschaft forderte deswegen eine staatlich verantwortete Prüfstelle für kostenfreie Unterrichtsmaterialien. Die solle diese auf ihre fachliche und didaktische Qualität prüfen und Empfehlungen für Lehrende und Lernende aussprechen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund reihte sich in diese Forderung ein.
Mangelnde Klarheit über Hintermänner von Unterrichtsmaterialien
In dieselbe Richtung stieß im Sommer die Deutsche Vereinigung für Politische Bildung (DVPB). Die forderte in einem Aufruf die Kultusminister der Länder auf, eine transparente Kennzeichnung von Unterrichtsmaterialien durchzusetzen, um Klarheit über deren Geldgeber, Herausgeber und Autoren zu schaffen. Dass Fehlen einer solchen Kennzeichnung nutzten derzeit nämlich finanzkräftige Wirtschaftsverbände und Konzerne, um „Lernende im Sinne ihrer Weltanschauung und Interessen zu beeinflussen“, so der Verband.
Eine unabhängige Prüfstelle wird es indes zumindest auf Bundesebene vorerst nicht geben. Das hat die Bundesregierung im Sommer des Jahres in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion „Die Linke“ erklärt. Die Bundesregierung verweist darin auf die Zuständigkeit der Länder für die schulische Bildung. Diese umfasse auch die Prüfung und Bewertung von Unterrichtsmaterialien.
Nur: Auch auf Landesebene ist eine solche unabhängige Prüfstelle noch nicht in Sicht. Doch ungeachtet dessen hat sich in Sachen Verbraucherbildung in den Bundesländern 2014 einiges getan. In Nordrhein-Westfalen etwa, wo der Landtag im Frühjahr beschlossen hat, die Verbraucherbildung künftig in allen Schulformen und Jahrgangsstufen zu unterrichten. Das bestehende Fach Hauswirtschaft soll dazu einer Generalüberholung unterzogen werden.
Verbraucherbildung bald auch in Berlin und Brandenburg
Ende des Jahres räumten auch Berlin und Brandenburg der Vermittlung von Alltagskompetenzen eine prominentere Rolle auf den Stundenplänen ein. In dem Ende November verabschiedeten neuen Rahmenlehrplänen der beiden Länder ist die Verbraucherbildung eines von zwölf Themenfelder, die alle Pädagogen in ihren Unterricht einbeziehen sollen – um, wie es in dem Dokument heißt, Kinder und Jugendliche auf „sinnvolle und verantwortungsbewusste Entscheidungen im Alltagsleben als Verbraucherin und Verbraucher vorzubereiten“.
Bayern und Schleswig-Holstein haben bereits vor Jahren entsprechende Inhalte auf die Stundenpläne gehievt. Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ebenfalls. Und: Weitere Bundesländer planen, die Verbraucherbildung zum Thema in der Schule zu machen. Auch, weil die Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) sie dazu schon im Herbst 2013 aufgerufen hatte. Mehr Verbraucherbildung an Schulen sei nötig, um Schülerinnen und Schüler fit für einen selbstbestimmten (Konsum-) Alltag zu machen, so die KMK.
Der amtierenden KMK-Präsidentin Sylvia Löhrmann zufolge überprüfen die Bundesländer derzeit ihre Lehr- und Bildungspläne, um diese „verbindliche Vorgabe“ umzusetzen. „Wir wollen aber keine Einheitslösung für Schulen vorschreiben“, so die nordrhein-westfälische Bildungsministerin auf einer Fachtagung zur Verbraucherbildung, zu der der Verbraucherzentrale Bundesverband vzbv im Juli nach Berlin eingeladen hatte.
Starke Allianz für Verbraucherbildung
In deren Zuge haben sich die KMK-Präsidentin sowie die Vorsitzenden der Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK) der Länder und des Verbraucherzentrale Bundesverbands vzbv deutlich für eine feste Verankerung der Verbraucherbildung in der Schule ausgesprochen. Konsumentscheidungen könnten gravierende Folgen haben und müssten daher im Unterricht angemessen thematisiert werden, erklärten sie.
„Bildung gibt es nicht zum Nulltarif, jetzt ist die Politik gefragt“, sagte vzbv-Chef Klaus Müller. Er rief die Länder, die noch keine Verbraucherbildung in der Schule unterrichten, dazu auf, entsprechende Konzepte zu entwickeln und einzuführen und sie durch passende Fortbildungen für Lehrerinnen und Lehrer zu flankieren. „In einer Konsumwelt, die immer vielfältiger wird, gehört Verbraucherbildung zum Einmaleins“, so Müller.
Bis alle Schülerinnen und Schüler das beherrschen, bleibt indes noch einiges zu tun – trotz des zusätzlichen Schubs, den die Verbraucherbildung 2014 erfahren hat. Deutlich machte das zuletzt Ende des Jahres eine umfangreiche Studie der Bertelsmann Stiftung. Darin heißt es unter anderem, dass Kinder und Jugendliche gerade bei Fragen des nachhaltigen Konsums „erheblichen Nachholbedarf“ hätten. Um den auszumerzen, biete die Verbraucherbildung „einen guten Ansatzpunkt“.
Mehr Nachhaltigkeit durch mehr Verbraucherbildung
Allerdings schätzen auch die Gütersloher Nachhaltigkeitsexperten die Versorgung mit entsprechenden Unterrichtsmaterialien als problematisch ein. In ihrer an die Landesregierung NRW adressierten Studie schlagen sie daher spezielle Internetportale vor, die Lehrkräften bewährte und unabhängig überprüfte Materialien an die Hand geben. Das sei ein „wesentliches Instrument“ zur Förderung der Nachhaltigkeit. Den Materialkompass des vzbv werten sie dabei als gutes Beispiel, das weiter Schule machen sollte.