Datum: 31.10.2022

Finanzbildung auf dem Stundenplan

„Riesige Bildungslücken beim Thema Geld“, titelt die Tagesschau. „Mehr Bildung über Wirtschaft ist dringend nötig“, heißt es bei der FAZ. Und: „Jugendstudie zeigt riesige Wissenslücken beim Thema Finanzen“, vermeldet Radio Hamburg. In regelmäßigen Abständen berichten Medien über Umfragen und Erhebungen, die auf das geringe Finanzwissen von Schüler:innen in Deutschland verweisen. Aus Sicht von Jürgen Böhm, Bundesvorsitzender des Verbands Deutscher Realschullehrer, ein bislang vernachlässigtes Problem. Denn „ökonomische Bildung ist ein wichtiges Element, um die Zusammenhänge der Gesellschaft, der Welt zu erkennen“. Daher engagiert er sich dafür, das Jugendliche dieses Wissen in der Schule erwerben können – unabhängig von ihrem Bildungsweg. Eine Möglichkeit, wie sich Finanzbildung in den Schulalltag integrieren lässt, zeigt die mit Gold ausgezeichnete Verbraucherschule Pina-Bausch-Gesamtschule in Wuppertal.

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„Der Finanzmarkt ist so unübersichtlich, dass man ihn ohne eine entsprechende Grundbildung nicht überblicken kann“, sagt Lehrerin Yvonne Mahnert. Sie unterrichtet Deutsch und Pädagogik an der Wuppertaler Gesamtschule. Ihr Interesse für ökonomische Bildung entstand im Zuge der Corona-Pandemie. Die zusätzliche Zeit, die sie zu Hause verbrachte, nutzte Mahnert, um ihre eigenen Finanzen zu optimieren. „Ich habe mich eingearbeitet und gewundert, wie wenig man darüber in der Schule lernt.“ Doch ohne dieses Wissen seien keine informierten Entscheidungen möglich. „Ich habe es daher für nötig befunden, es selbst in die Schule zu tragen.“ Ihre Lösung: ein Projektkurs zur Finanzbildung.

Finanzbildung als Projektkurs

Projektkurse sind in Nordrhein-Westfalen mögliche Zusatzangebote für Schüler:innen in den Schulhalbjahren 12.2 und 13.1. Lernende, die an einem solchen Angebot teilnehmen, haben wöchentlich 90 Minuten mehr Unterricht, können auf diese Weise allerdings die Facharbeit einsparen, die andernfalls in der Jahrgangsstufe 12 Pflicht ist. „Die Nachfrage unter den Schülerinnen und Schülern war so groß, dass schnell feststand, dass ich den Kurs umsetzen kann“, erinnert sich Mahnert. Um das anfängliche Interesse aufrechtzuerhalten, ließ sie die Schüler:innen zu Beginn des Kurses ein Vision Board erstellen. „Das ist ein Plakat, auf dem sie kreativ ihre Wünsche und Zukunftsvorstellungen darstellen sollten, um das Thema Finanzen mit ihren eigenen Träumen in Verbindung zu bringen.“ Darauf folgten kleine praktische Einheiten, bei denen die Schüler:innen beispielsweise die Unterschiede zwischen Tages- und Festgeldkonten herausarbeiteten und Bankgebühren verglichen. Ein Finanzjournal sollte ihnen helfen, „ein Gefühl zu bekommen, wofür sie alles Geld ausgeben und wo es Einsparpotenziale gibt“. 

Schuldenfallen und Handytarife gehörten ebenso zu den Inhalten des Kurses wie die Fragen 

  • Was lohnt sich zur privaten Altersvorsorge: Riestern oder ETFs?
  • Wie wirtschaften Unternehmen?
  • Wie kommt Inflation zustande?
  • Wie funktioniert die Börse?

Am Ende des Kurses, so Mahnerts Wunsch, sollten die Schüler:innen sich in der Lage sehen, sich besser im Finanzdschungel zurechtzufinden, Kriterien kennen, wonach sie Finanzprodukte bewerten können, sowie gelernt haben, „dass es nichts umsonst gibt“ und hinter jedem kostenfreien Angebot oftmals ein Verkaufstrick stecke. Gerade auf diese aufklärerische Funktion von ökonomischer Bildung verweist auch Jürgen Böhm: „Wenn Jugendliche um ökonomische Grundlagen und Gesetzlichkeiten wissen, ökonomische Zusammenhänge erkennen können, dann sind sie als Verbraucher gut aufgestellt.“ Darin liege der Sinn von Bildung, so Böhm: „Kinder auf ihre Zukunft vorzubereiten, damit sie in ihrem Leben zurechtkommen und sich frei entwickeln können.“

Aus diesem Grund war es Yvonne Mahnert besonders wichtig, auch Schülerinnen mit ihrem Angebot zu erreichen und sie zu unterstützen, sich um die eigenen Finanzen kümmern zu können. Denn „Frauen sind unter anderem durch ihre Rolle als Mutter überdurchschnittlich von Altersarmut betroffen oder geraten in finanzielle Abhängigkeit“, dem müsse Bildung entgegenwirken. Unter anderem deshalb wünscht sich Mahnert mehr Finanzbildung in der Schule. Sie selbst kann sich gut vorstellen, ihren Projektkurs in Zukunft erneut anzubieten. 

Online-Fortbildung rund um das Girokonto

Ohne Girokonto läuft nichts. Für Jugendliche ist es ein Schritt zu mehr Unabhängigkeit. Was es rund um die Auswahl eines Kontos zu beachten gibt und wie die Lernapp Budget+plus Finanzbildung unterstützen kann, vermittelt die Online-Fortbildung „Das Einmaleins des Girokontos“ am Donnerstag, 24. November 2022, von 16 bis 17.30 Uhr. Die Veranstaltung ist ein Angebot des Netzwerks Verbraucherschule und richtet sich an Lehrende der Jahrgangsstufe 9/10. 

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